Aktuell | 17. November 2020

Digital Afterlife – die digitalen Spuren nach dem Tod

Im Herbst 2020 haben 18 Absolventinnen und Absolventen den MAS Digital Business abgeschlossen. Einer von ihnen ist Tobias Marrel, Product Manager bei SR Technics. Seine Master Thesis zum Thema «Digital Afterlife – ein Schritt Richtung Unsterblichkeit» befasst sich mit den digitalen Spuren im Online-Universum, zeigt auf, dass Herr und Frau Schweizer dem Thema mit Skepsis begegnen und veranschaulicht deutlich, dass Handlungsbedarf besteht.

Digital Afterlife Hwz

Tobias Marrel, Absolvent MAS Digital Business und Product Manager bei SR Technics, hat eine spannende Master Thesis zum Thema «Digital Afterlife – ein Schritt Richtung Unsterblichkeit» geschrieben.

Er setzt sich in seiner Arbeit mit dem Verbleib von digitalen Spuren auseinander, welche auch nach dem Tod innerhalb des Online-Universums sichtbar bleiben. Seien es digital gespeicherte Dateien und Erinnerungen, Einträge in sozialen Medien oder Online-Kommunikation mit Freunden und Familie. Diese Daten existieren auch nach dem Ableben weiter und können als Online-Gedenkseiten, digitale Nachlassverwaltung oder mittels Digital Avatars zu neuem Leben erweckt werden.

Alle, die das Internet regelmässig nutzen, werden zwangsläufig auch ein digitales Vermächtnis hinterlassen

Mit seiner Master Thesis wollte Tobias Marrel anhand einer Umfrage herausfinden, wie Menschen in der Schweiz dem Phänomen «Digital Afterlife» gegenüberstehen und unter welchen Voraussetzungen es vertretbar ist, den Tod im Internet für kommerzielle Zwecke zu nutzen. Die Umfrageergebnisse zeigen ein klares Bild: Schweizerinnen und Schweizer begegnen dem Einsatz digitaler Medien im Zusammenhang mit Tod und Trauerverberarbeitung mit grosser Skepsis. Die ablehnende Haltung gegenüber Digital Afterlife-Dienstleistungen kann einerseits mit der rationalen Einstellung bezüglich der Sinnhaftigkeit solcher Dienstleistungen begründet werden. Andererseits ist auch ein Misstrauen gegenüber gewissen digitalen Technologien sowie dem teilweise kurzfristig orientierten Geschäftsgebaren diverser Online-Dienstleister spürbar.

Für viele Menschen passt der sehr persönliche und sensible Kontext von Tod und Trauer nicht mit der als oberflächlich und kurzlebig angesehenen Welt des Online-Universums zusammen.

Die in dieser Masterthesis vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema Digital Afterlife zeigt den Umfang und die Komplexität dieses eher neuen Phänomens eindrücklich auf. Technologische, gesellschaftliche und philosophische Aspekte prallen in einem bisher weitgehend tabuisierten Kontext aufeinander und fordern die Menschen heraus.

Der Autor ist dennoch überzeugt, dass Digital Afterlife mehr als eine Randerscheinung ist und sich in den nächsten Jahren noch einiges bewegen wird. Online-Anbieter wären daher gut beraten, Themen wie Identität, Privatsphäre und Datenschutz noch mehr Beachtung zu schenken, um bei der potentiellen Kundschaft Vertrauen zu schaffen. Auch die Politik ist gefordert. Einheitliche Regelungen und international anerkannte Standards bezüglich des Besitzes, der Verwendung und Wahrung der persönlichen Daten über den Tod hinaus würden helfen, das Vertrauen zu stärken.

Wir haben bei Tobias Marrel nachgehakt und konkrete Handlungsempfehlungen erhalten, was wir tun können:

Tobias Marrel Hwz

Tobias, ein unglaublich spannendes und sensibles Thema, welches du dir da ausgesucht hast. Was fasziniert dich daran?

Besonders faszinieren mich die technischen Möglichkeiten und die gesellschaftliche Relevanz. Obwohl medial und wissenschaftlich bisher wenig diskutiert, müssen sich die meisten Menschen irgendwann einmal der Frage nach ihrem digitalen Erbe stellen. Trotzdem sind sich die Wenigsten den Auswirkungen ihrer Online-Aktivitäten bewusst und handeln erst, wenn es bereits zu spät ist.

Warst du überrascht, als die Umfrageergebnisse und die Ablehnung gegenüber den Afterlife-Dienstleistungen so klar ausfielen?

Jein. Dass die Teilnehmenden wenig ausgereiften Technologien, wie der Repräsentation einer verstorbenen Person als digitaler Avatar, ablehnend gegenüberstehen, war zu erwarten. Überrascht hat mich hingegen die Erkenntnis, dass die Rolle neuer Technologien, welche in der Gesellschaft weitgehend als positiv empfunden wird, im Rahmen der Trauerbewältigung allgemein sehr skeptisch beurteilt wird. So kann sich beispielsweise nur eine kleine Minderheit der Befragten vorstellen, ihr Social Media Konto über ihren Tod hinaus zu erhalten.

Deine Empfehlungen: Was muss man bei der digitalen Nachlassplanung beachten? 

  • Verschafft euch einen Überblick über euer Online Vermächtnis.

  • Nutzt die bereits existierenden Vorkehrungsmöglichkeiten bei Google und Facebook.

  • Denkt nicht nur an euch selbst, sondern auch an eure Angehörigen. Ein «Digitales Testament» vereinfacht das Verwalten und Aufräumen des digitalen Vermächtnisses gemäss euren Wünschen massgeblich.

  • Ermöglicht einer Vertrauensperson Zugang zu euren Online-Accounts, sei es über einen Password, Safe oder einen digitalen Nachlassverwalter.

  • Vergesst eure Kryptowährungen und Guthaben bei Online-Banken, Gaming Accounts, Online Casinos, etc. nicht. Ohne Private Key, respektive Passwort, sind diese (teils bedeutende) Vermögenswerte für immer verloren.

Gibt es weitere Internetseiten, wo sich Interessierte informieren können?

Für eine kurze Zusammenfassung der rechtlichen Lage in der Schweiz und ein paar nützliche Tipps:

Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter (EDÖB): Digitales Erbe

Erklärung und Anleitung zur Einrichtung des Google Kontoinaktivitätsmanager

Erklärung und Anleitung zur Einrichtung eines Facebook Nachlasskontakts

MAS Digital Business – Class of 2020: Ein besonderer Jahrgang

Dieses Jahr haben insgesamt 43 Personen den MAS Digital Business erfolgreich abgeschlossen. Davon 25 Absolvierende im Frühling und 18 Absolventinnen und Absolventen im Herbst. Aufgrund der aktuellen Situation konnten beide  Diplomfeiern nicht stattfinden. Den besten Abschluss im Frühling erzielte Christian Heimann mit der Abschlussnote 5.7. Im Herbst waren die besten Absolvierenden  Tobias Marrel, Nathalie Schürmann-Mollet und Bernhard Zindel mit der Abschlussnote 5.5. Tobias Marrel und Anna-Katharina Arnold erhielten für ihre Master-Thesen die Note 5.8.

Manuel Nappo, Studiengangsleiter MAS Digital Business, ist besonders stolz auf diesen Jahrgang:

«Es gibt Wegbereiter, weil sie die ersten sind. Und es gibt Wegbereiter, weil sie unter ausserordentlichen Umständen Grossartiges leisten. Die MAS Digital Business Absolventen Class of 2020 gehört definitiv dazu. Sie dürfen besonders stolz sein.»