Aktuell | 20. Juli 2022

Unruhe an den Immobilienmärkten | Welches Wissen ist nun gefragt?

Die Phase der tiefen Zinsen wollte die letzten Jahre nicht enden. Die Tiefzinspolitik der Zentralbanken liess die Immobilienpreise in die Höhe steigen. Markus Streckeisen, Studiengangsleiter MAS Real Estate Management HWZ, erklärt im Interview, wie die Pandemie und die aktuelle globale Unsicherheit diese Situation veränderten und was das für angehende Fachleute in der Immobilien-Branche heisst.

Portrait Markus Streckeisen

Markus, zur Zeit herrscht eine grosse Unsicherheit und Unruhe an den Immobilienmärkten. Nach Jahren der Stabilität. Wie kam es dazu?

Nach Jahren der politischen und wirtschaftlichen Stabilität in Europa hat uns bekanntermassen die globale Pandemie zur Neubetrachtung von manchen «Glaubenssätzen» gezwungen. Die Immobilienmärkte wurde dadurch zwar geschüttelt, aber kaum nachhaltig berührt. Wir haben vergleichsweise rasch gelernt, damit umzugehen.

Die aktuellen globalen Unsicherheiten sind demgegenüber ungleich wesentlicher, da deren Auswirkungen in der Gesamtheit der Einflüsse schwer abschätzbar sind. Unsicherheit bedingt immer mehr Unternehmertum und Flexibilität – aber auch höhere Risiken, die Situation falsch einzuschätzen.

Und welche Auswirkungen hat die Inflation und steigende Zinsen konkret auf den Immobilienmarkt?

Immobilien dienen immer den Nutzungen, die darin stattfinden. Diese sind auf unterschiedliche Weise von Inflation betroffen. Der Geschäftsflächenmarkt dürfte die steigenden Preise zumindest teilweise auf die Kunden überwälzen können, jedenfalls solange sich die Konjunktur positiv entwickelt. Bei Wohnimmobilien liegen die Dinge anders. Hier steht für die Nutzer:innen ein stetiger Kaufkraftverlust im Raum, der durch anzupassende Wohnkosten weiter verstärkt wird. Und die Eigentümer:innen laufen Gefahr, höhere Eigentümerlasten zu tragen. Je höher die Nettomieten liegen, desto stärker dürfte sich die Situation noch anspannen.

Was die Zinsen anbelangt, erleben wir im Markt nach meiner Einschätzung, dass das Knappheitsthema an Grund und Boden in der Schweiz die Zinsentwicklung als Hauptelement der Preisbestimmung im Immobilienmarkt abgelöst haben dürfte. Zudem erwarte ich keine anhaltende Zinsentwicklung nach oben – wie sich ja in der Entspannung der Zinsen für langfristige Hypotheken der letzten Tage auch zeigt.

Wer sollte sich nun, deiner Meinung nach, in dem Bereich weiterbilden und warum?

Im Grundsatz sind alle Akteure herausgefordert. Die Verantwortlichen auf allen Stufen sind aber gefragter denn je, mit ihrem Wissen und Erfahrungshintergrund rasch auf neue Problemstellungen klare Antworten zu finden. Und diese dann adressatengerecht und wirksam kommunizieren zu können.

Gibt es zusätzliches Wissen, das an Relevanz gewinnt?

In der absehbaren Entwicklung sind leider keine einfachen 0815-Lösungsmuster erfolgsversprechend. Vielmehr sind unterschiedliche Dimensionen in Bewegung – nebst fundamentalen Änderungen der politischen Entwicklungen und gesetzgeberischen Vorgaben sind nahezu alle Märkte in rascher Veränderung, allen voran der Kapital- und Arbeitsmarkt. Gewinnen wird, wer konsequent vernetzt denkt, aus fokussierten Analysen die richtigen Schlüsse zieht und dann klar, nachvollziehbar die Umsetzung der Entscheidungen erklären und sicherstellen kann.

Wie unterstützt der MAS Real Estate Management HWZ die Studierenden in dieser Situation?

Einerseits mit aktuellem Wissen, vermittelt durch Dozierende, die mit beiden Beinen im Berufsleben stehen. Andererseits durch Weiterentwickeln von Führungsqualitäten, dem Aufbau persönlicher Netzwerke und praktischen Anleitungen, das Gelernte effektiv in der Praxis umzusetzen.