Aktuell | 23. November 2020

Von rationalen Entscheidungen zur Begeisterung

David Böhler hat im Rahmen seines MAS in Business Innovation im vergangenen Frühling den CAS Lean Management mit Bestnote absolviert. Im Interview erzählt er, mit welchen Schwierigkeiten er als Marketingexperte am Anfang des Lehrgangs zu kämpfen hatte, weshalb er sich mit der Flusseffizienz auseinandersetzte und inwiefern ihm das neu erlangte Wissen für sein Grossprojekt, das sich in der Nähe der HWZ befindet, hilft.

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David Böhler, wann hast du das letzte Mal einen Prozess optimiert, indem du Verschwendungen eliminiert hast?

Aktuell beschäftigt mich vor allem die Frage, wie ich in meiner Führungsarbeit Wertschöpfung für meine Mitarbeitenden generiere. Und das geschieht in der aktuellen Projektphase ganz oft auch dadurch, dass ich bei vielen Themen anfange, mich rauszunehmen. Die letzten Optimierungen bedeuteten somit vor allem mich selber aus gewissen Prozessen zu entfernen.

Im CAS Lean Management liegt der Fokus auf der Prozessoptimierung. Du hast diesen CAS im vergangenen März mit der Bestnote abgeschlossen. Herzlichen Glückwunsch! Deine Motivation für diesen Lehrgang muss gross gewesen sein… 

Offen gesagt: Jein. Ich entschied mich ziemlich rational für das CAS Lean Management, da es mir am komplementärsten zu den bereits gebuchten CAS schien.

In der ersten Hälfte des Lehrgangs empfand ich es dann auch als Herausforderung, den vollen Zugang zum Thema zu finden. Als Marketingmensch musste ich mich zuerst einmal in einer Welt zurechtfinden, welche stark durch das Produktionsumfeld geprägt ist. Alle sprachen in einer Selbstverständlichkeit von Shopfloorboards etc. und ich musste den Begriff zuerst einmal googeln. Und fand es dann im ersten Moment recht unspektakulär.

Oliver Keller hat mich dann mit dem Begriff Flusseffizienz angefixt. Nach zwei Wochen in einem Meditationscenter in Guatemala mit einigen Büchern zum Thema Lean Management war ich dann Feuer und Flamme und schaffte es, einen tieferen Zugang zu finden. Dann schloss sich auch der Kreis zu meinem Alltag mit den Begriffen Lean Innovation, Agilität etc.

Du bist als Projektleiter für das Projekt «Bridge» bei der Genossenschaft Migros Zürich verantwortlich. Inwiefern hilft dir das Gelernte aus dem CAS für deine Arbeit und speziell für dieses Grossprojekt?

Es hat mir die Augen für gewisse Phänomene geöffnet. Gerade in Grossprojekten werden z. B. gerne sehr grosse Arbeitspakete hin- und hergeschoben. Und man wundert sich dann, weshalb gewisse Themen ins Stocken geraten. Die Weiterbildung hat mich für unsere Engpässe sensibilisiert, aber auch für das Thema Wertschöpfung generell. Es war ein wenig ernüchternd festzustellen, wie gross bzw. klein die Anteile echter Wertschöpfung im Arbeitsalltag teilweise sind. Gleichzeitig macht es aber auch Lust diese Dinge zu verändern.

Was ist dir aus diesem CAS besonders in Erinnerung geblieben? Wovon hast du am meisten profitiert?

Vor allem die Menschen: Oliver Keller als engagierter Studiengangsleiter, verschiedene spannende Dozenten und eine Klasse aus einer mir «unbekannten Welt». Und dann noch eine Buchempfehlung vom Dozent Rainer Grau: The Principles of Product Development Flow von Donald G. Reinersten. Für mich ein Eyeopener.

Du hast den Begriff bereits erwähnt: In deiner Zertifikatsarbeit hast du dich mit dem Thema «Flusseffizienz in einer Ideenfabrik» auseinandergesetzt. Was ist dabei herausgekommen?

Mein Ziel war es herauszufinden, wie eine hohe Flusseffizienz im Rahmen des Entwicklungsprozesses neuer Angebote erzielt werden kann. Konkret: Wie schaffe ich es eine neue Idee möglichst schnell und systematisch am Markt zu testen?

Dafür habe ich mich zuerst damit auseinandergesetzt, was Flusseffizienz genau ist und wie sie entsteht (a. d. R.: Anstatt sich auf die einzelnen Funktionen innerhalb des geschäftlichen Betriebs zu konzentrieren, stehen bei der Flusseffizienz die Bedarfe des Kunden im Zentrum). Aufgrund der Erkenntnisse konnte ich systematisch den Reifegrad meines eigenen Teams und unserer Strukturen im Hinblick auf das Thema ermitteln. Zu den aufgedeckten Wachstumsfeldern habe ich dann konkrete Massnahmen und Werkzeuge entwickelt, um die Fähigkeit zur Flusseffizienz zu erhöhen.

Es zeigte sich, dass wir im Hinblick auf die kulturellen Aspekte bereits gut unterwegs sind, jedoch generell noch sehr unbewusst mit dem Thema Flusseffizienz umgehen. Die abgeleiteten Werkzeuge und Massnahmen dienten somit vorwiegend dazu, Flusseffizienz sichtbar zu machen, Engpässe zu erkennen, die Arbeit im System zu limitieren und Arbeitspakete zu verkleinern.

Du hast neben dem CAS Lean Management auch den CAS Innovation Management, ebenfalls mit Bestnote, absolviert. Zurzeit bist du am dritten CAS – Next Generation Leadership – dran. Du verfolgst den MAS-Abschluss in Business Innovation. Welche Gründe und Motivation haben dich zu diesem MAS-Programm geführt?

Die Neugierde und Lust auf neue Impulse. Und das Bedürfnis nach Regelmässigkeit und System. In der heutigen komplexen Welt erhalte ich selber ohne Probleme alle Informationen und damit auch alle Wahrheiten. Die Hochschule kuratiert für mich Wissen und stellt die Lernumgebung inkl. Netzwerk sicher.

Und was folgt nach dem erfolgreichen Abschluss des MAS Business Innovation?

Je länger je mehr wird mir bewusst, dass zur Performance auch die Erholung gehört. Ich denke, sie wird mein nächstes Projekt.