Event | 30. September 2022

5 Dinge, die du über Markenführung wissen musst

Rund 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer lauschten am 28. September anlässlich des 2. INSPIRE! HWZ Markenführungstalk den Ausführungen von Nicole Blum, Gründerin der nachhaltigen Kosmetikmarke «No Bullsh!t», sowie André Hefti, CMO von Schweiz Tourismus. Wie angekündigt, wurde aus dem Nähkästchen geplaudert. Wir haben die fünf wichtigsten Learnings des Abends zusammengefasst.

Inspire Markenführung Talk September 2022

Fotos: Louis Rosenthal

Der zweite HWZ-Markenführungstalk stand unter dem Motto: Think big – Think small – Think smart. Die rund 40 Personen im Auditorium der HWZ erfuhren unter anderem, dass Roger Federer mehrere Anläufe und Konzepte brauchte und sogar eine Probezeit verlangte, bevor er als Ambassador bei Schweiz Tourismus zusagte. Nicole Blum von No Bullsh!t erzählte, dass sie nach gut drei Jahren Selbstständigkeit immer noch unterschätzt, wie herausfordernd die Liquiditätsplanung ist. Die 5 wichtigsten Learnings zur Markenführung aufgrund der Inputs von Nicole und André haben wir euch zusammengefasst.

1. Netzwerk und Team

Nicole Blum erzählte von ihren Anfängen: 2018 bastelte sie in ihrer Küche Weihnachtsgeschenke und produzierte dabei ihre erste eigene Deo-Créme. Freunde und Verwandte waren begeistert von diesem Geschenk und wollten mehr. Dies veranlasste Nicole, grössere Mengen im hauseigenen Labor zu produzieren. Als sie vier Monate nach ihren Weihnachtsgeschenken auf Twitter einen Tweet absetzte, hatte sie innerhalb 24 Stunden etliche Bestellungen. Zu verdanken war dies unter anderem ihrem grossen Netzwerk in den sozialen Medien: Das war der Startschuss für ihr neues Business-Projekt.

Ein Fun-Projekt wurde zum Business.
Nicole Blum, Gründerin von No Bullsh!t

André Hefti von Schweiz Tourismus erwähnte, dass für ihn der Erfolgsfaktor «Team» neben «Denke gross» und «Liebe zum Detail» einer der drei wichtigsten Erfolgsfaktoren ist. Deshalb ist es üblich, dass das Team nach dem «Go-Live» grosser Kampagnen in einer Nachtschicht bei Pizza und Bier die Kommentare auf YouTube und in sozialen Netzwerken «liken» und kommentieren.

2. Denke gross

Schweiz Tourismus ist ein staatsnaher Betrieb, der zu 60% durch den Bund und zu 40% durch die Leistungsträger:innen finanziert wird. Die Schwierigkeit bei der Vermarktung von Schweiz Tourismus liegt laut Hefti darin, dass der Brand «Schweiz Tourismus» keine eigenen Dienstleistungen oder Produkte verkauft, sondern die der Leistungsträger:innen bspw. Hotels, Bergbahnen in der Vermarktung unterstützt. Als während Corona klar wurde, dass die Logiernächte zurückgehen und dem Tourismus vor schwierigen Zeiten steht, erhielt Schweiz Tourismus zusätzliche finanzielle Unterstützung vom Bund. Für André Hefti war klar: «Dieses Geld müssen wir in eine Awareness-Kampagne stecken, um die Marke ‹Schweiz› zu stärken und bekannter zu machen.» Für Schweiz Tourismus war Roger Federer ein Wunschkandidat, da er die Werte der Schweiz perfekt verkörpert. Schon länger wünschte sich Schweiz Tourismus eine Zusammenarbeit mit Roger Federer und während Corona stimmte dann alles: Das Timing, die Konzepte, die präsentiert wurden und die involvierten Personen. Und wie es sich für einen Weltstar wie Roger gehört, machte er von Anfang an klar: Think big! André Hefti beschrieb es so:

Denk am Anfang sehr gross. Wenn du im Verlaufe der Zeit nach unten skalieren oder Abstriche machen musst, geht das in Ordnung.
André Hefti, CMO bei Schweiz Tourismus

3. Social Ads mit richtigem Timing und Retargeting

Nicole wie auch André bestätigten, dass Social Ads bei der Bewerbung ihrer Brands enorm wichtig sind. Nicole setzt hauptsächlich auf Facebook und Instagram-Ads und bei LinkedIn auf die organische Verbreitung ihrer Post, Pinterest habe in ihrem Business nicht funktioniert. Dafür hat sie das Glück, dass ihre Handelspartner wie Brack, Farmy oder Amorana auch Ads schalten. «Das ist für mich natürlich Gratis-Werbung», sagt Nicole. Bei Schweiz Tourismus zeigte sich dies bei der Kampagne mit Roger Federer und Robert de Niro. Laut André braucht es im kommerziellen Kontext immer Geld, um eine Kampagne zum Fliegen zu bringen.

Eine rein virale Kampagne ohne Anschubfinanzierung ist so wahrscheinlich wie ein 6-er im Lotto.

Laut Hefti ist es für Schweiz Tourismus unmöglich, Erfolgsgrössen wie Logiernächte zu messen, da sie die Buchungen nicht selbst entgegennehmen. Daher messen sie jeweils die Wirkung der Kampagnen mithilfe eines Brand Trackers.

4. Lerne und entwickle dich stets weiter

Mit 52 Mio. Views war die Kampagne 2021 mit Roger Federer und Robert de Niro ein echter Erfolg. Gemäss André Hefti ging es im 2022 darum, diesen Erfolg zu bestätigen und zu zeigen: «Wir sind kein One-Hit-Wonder». Dies wurde durch die aktuelle Kampagne mit Anne Hathaway bewiesen. Basierend auf den Erkenntnissen der Kampagne von 2021 wurde die neue Kampagne verbessert und optimiert. Schweiz Tourismus hat dem Fact stärker Rechnung getragen, dass vier von fünf Reiseentscheidungen von Frauen gefällt werden. Daher war klar, dass die Gegenspielerin von Federer dieses Mal eine Frau sein muss – und jene über eine grössere eigene Reichweite in den sozialen Medien verfügen sollte. Aus den Erfahrungen vom Vorjahr war klar, dass die Kampagne ab Sekunde eins monetär unterstützt werden musste. Darüber hinaus war es wichtig, ein Storytelling rund um die Kampagne zu entwickeln. Dazu gehörten unter anderem mehrere Episoden «behind the scenes», eine Geschichte rund um die Personen und eine Spotify-Playlist. Mit den Erfahrungen der ersten Kampagne konnte auch das Retargeting auf der zweiten Kampagne optimiert werden. «Nur der View bei YouTube-Videos bringt keinen Traffic auf der Webseite», so Hefti. Die zweite Kampagne drehte sich konkret um die «Grand Tour of Switzerland». Damit war neben den Views, der Traffic auf dieser Seite direkt messbar. All diese Erkenntnisse werden wiederum in die Umsetzung der dritten Kampagne fliessen. Da wird Roger Federer wahrscheinlich die Schweiz mit dem Zug erkunden…

Auch Nicole Blum musste es teilweise auf die harte Tour lernen. Als sie ihre selbst entwickelten Deos das erste Mal in eine externe Produktion verlegte, kam es in der gesamten ersten Charge zu einem Produktionsfehler, der ihr Deo klumpen liess. Durch eine transparente Kommunikation informierte sie ihre Kundschaft und Community und musste ganz im Sinne des «Nachhaltigkeitsgedanken» nichts wegwerfen, sondern konnte die Produkte so günstiger verkaufen.

5. Liebe zum Detail

Beide Speaker:innen machten deutlich, dass bei der Entwicklung und Führung einer Marke, der Planung und Umsetzung einer Kampagne die Liebe zum Detail ein starker Erfolgsfaktor ist. Nicole Blum hat sich im Vorfeld genau überlegt, welche Zielgruppe sie mit ihrer Naturkosmetik ansprechen will. Basierend darauf entwickelte sie ein schlichtes Unisex-Design, passend zur Zielgruppe. André Hefti bestätigte, dass auch bei ihren Kampagnen sehr viel Wert aufs Detail gelegt wird. Sobald ein Post oder Video veröffentlicht wird, ist alles genau durchgeplant. Das ganze Team ist damit beschäftigt, Kommentare zu beantworten oder zurück zu liken, da Beiträge mit hohen Interaktionsraten vom Algorithmus viel öfter ausgespielt werden. Laut Hefti ist die Liebe zum Detail am Ende immer spürbar.

Beide Speaker:innen wagten zudem einen Ausblick in die Zukunft. Nicole Blum strebt nichts geringeres als die Weltherrschaft Schweiz in der Naturkosmetik Branche an ? und Schweiz Tourismus plant bereits die nächste Kampagne mit Roger Federer und einem bisher unbekannten Weltstar… stay tuned!