Campus | 30. Mai 2023
Im Rahmen des Projektmanagement-Seminars im letzten Semester versetzten sich die Studierenden aus dem Bachelor Wirtschaftsinformatik in die Rolle von Berater:innen der Swisscom und entwickelten ein Konzept für einen Kunden. Matthias Mohler, Head of Data & Analytics Consulting bei Swisscom und Auftraggeber, erzählt im Interview mehr über die Zusammenarbeit mit den Studierenden und inwieweit sich deren Praxiserfahrung in den Ergebnissen widerspiegelt.
Matthias Mohler, Studierende des Bachelor-Studiengangs Wirtschaftsinformatik der HWZ versetzten sich während des viertätigen Projektmanagement-Seminars in die Rolle eine:r Berater:in der Swisscom. Sie arbeiteten in Gruppen an einem Konzept einer Data & Analytics-Lösung und erarbeiteten gleichzeitig ein Proof of Concept für einen Kunden der Swisscom. Was war die genaue Aufgabenstellung?
Die Studierenden durften im Rahmen des Seminars einen realistischen Beratungsauftrag für einen Industriekunden durchführen. Dazu gehörten praktisch alle Aspekte der Arbeit als Data & Analytics Consultant, wie z. B. Anforderungsanalyse, Variantenbildung und Lösungsdesign, Kosten/Nutzen-Analyse, das Erstellen einer Roadmap sowie die Umsetzung eines Proof of Concepts (PoC) mit moderner Cloud-Technologie von AWS und Snowflake. Inhaltlich ging es dabei also um ein klassisches Beratungs- und Systemintegrationsthema: Das Ziel der Seminarwoche war die Erstellung eines Konzeptes sowie des Prototypen für eine cloud-basierte Data & Analytics Plattform zur Analyse von Nahe-Echtzeit Daten aus der Produktion.
Was war die grosse Herausforderung bei diesem Auftrag?
Aus unserer Sicht ganz klar die Interdisziplinarität. Also die Verknüpfung von methodischen, sozialen und technischen Fähigkeiten und deren effektiven Einsatz in der Gruppe. Die Studierenden mussten in relativ kurzer Zeit sehr unterschiedliche konzeptionelle Fragestellungen methodisch sauber in Gruppen bearbeiten, durch gute Teamarbeit zu richtigen Schlussfolgerungen kommen und gleichzeitig einen technischen Prototypen mit modernen Cloud-Technologien entwickeln, die sie noch nicht oder nur sehr wenig kannten.
Die Studierenden hatten während des Seminars die Möglichkeit, mit euch Kontakt aufzunehmen. Haben sie sich gemeldet?
Ja, alle Gruppen waren sehr engagiert und haben beispielsweise Annahmen und Hypothesen mit uns validiert. Es hat ein sehr guter Dialog zwischen den Gruppen und uns als Auftraggebern stattgefunden. Es war für uns interessant zu sehen, wie die Stimmung in den Gruppen einer Achterbahnfahrt glich, so wie dies im Berufsalltag auch oft der Fall ist. Standen die Studierenden vor einem scheinbar unlösbaren Problem, war es eher unsere Aufgabe ihnen etwas Mut zuzusprechen. Andererseits gab es Phasen von hoher Konzentration und schnellem Fortschritt, in denen wir mit ihnen tiefe fachliche Fragestellungen rund um Datenmodellierung, Kostenschätzungen oder Lösungsarchitektur geführt haben. Dieser regelmässige Kontakt und das direkte Verarbeiten von Feedback verdeutlichten, dass die Studierenden optimal auf eine agile Arbeitswelt vorbereitet wurden.
Nachdem die Konzepte bis am Morgen des 4. Tages abgegeben wurden, standen am gleichen Tag die Präsentationen an. Wie hast du die Studierenden und ihre Präsentationen erlebt?
Die Studierenden haben es in der kurzen Zeit wirklich geschafft, überzeugende Lösungen zu präsentieren. Einige Ansätze waren ähnlich, andere komplett verschieden. Es war spannend, dies zwischen den Gruppen zu vergleichen. Es gab Teams, die haben z. B. mehr Wert auf den technischen Prototypen gelegt und andere mehr auf das Konzept. Im Auftritt und der Kommunikation waren die Studierenden sehr professionell und konnten ihre Erkenntnisse mit Überzeugung präsentieren.
Es gab verschiedene Gruppen, die jeweils ein Konzept und ein Proof of Concept (PoC) erarbeitet haben. Was hat dich an den Konzepten besonders überrascht?
Es war sehr erfreulich, dass alle Gruppen sowohl Konzept als auch einen funktionierenden PoC abgegeben haben. Spannend war, dass einige Gruppen mehr mit vorgefertigten Software-Bausteinen aus der Cloud gearbeitet haben und andere mehr mit Code. Das zeigt auch, dass mehrere Wege zum Ziel führen und sich die Studierenden detaillierte Gedanken über deren Vor- und Nachteile gemacht haben.
Wird ein ganzes Konzept oder Teile von verschiedenen Konzepten übernommen?
Ja, wir werden einige der Überlegungen und technischen Ansätze bei uns in der Consulting Practice reviewen und selektiv auch im Alltag bei unseren Data & Analytics-Kundenprojekten einsetzen.
Unsere Studierenden studieren berufsbegleitend. Inwieweit spiegelt sich die Praxiserfahrung in den Ergebnissen wider?
Das merkt man eindeutig. Es wurden viel weniger Grundsatzdiskussionen rund um das Szenario, bzw. die Ausgangslage geführt. Die Studierenden waren klar in der Lage, den Kontext – und insbesondere die betriebswirtschaftliche Sinnhaftigkeit des Vorhabens – schnell zu verstehen, sich in die Rolle eines Auftraggebers und Auftragnehmers zu versetzen und entsprechend zu agieren.
Die Studierenden stehen kurz vor Abschluss ihres Bachelors. Mit dem Abschluss stehen ihnen viele Türen offen. Und trotzdem studieren noch immer zu wenig Wirtschaftsinformatik. Was meinst du, woran liegt das?
Meine Hypothese ist, dass die typischen Tätigkeiten der Wirtschaftsinformatik in der Praxis nach wie vor oft von Paraprofessionals übernommen wird. Also von Expert:innen aus anderen Studiengängen, die sich über die Praxis in das Thema einarbeiten. Quereinsteiger:innen haben in der IT natürlich seit jeher Tradition, da es ein Umfeld ist, das sich extrem schnell weiterentwickelt. Technologie-Trends wie z. B. einzelne Software-Produkte sind aber Zyklen unterworfen, sie kommen und gehen in Wellen. Was heute angesagt ist, kann morgen schon wieder veraltet sein. Ich persönlich glaube darum, dass ein Studium der Wirtschaftsinformatik den Expertinnen und Experten von Morgen genau die Methoden und Techniken beibringt, mit denen sie sich langfristig von Quereinsteigern unterscheiden, welche sich über Umwege auf einer bestimmten Technologie ausbilden lassen. Damit meine ich vor allem professionelle Fähigkeiten, um beispielsweise Anforderungen zu analysieren, betriebswirtschaftliche und technische Konzepte auf Basis fundierter Erkenntnisse zu erarbeiten, Projekte zu leiten oder IT-Architekturen zu gestalten.
Dein persönlicher Appell an alle, die noch mit diesem Studiengang liebäugeln: Warum sollten sie sich für diesen Bereich entscheiden?
Weil die Welt von morgen eine durch und durch digitalisierte ist. Praktisch alle Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft verändern sich durch den Einsatz von Informationstechnologie fundamental und rasant. Wer die Welt von Morgen mitgestalten darf, hat damit per se ein unglaublich spannendes und wichtiges Aufgabenfeld. Und – wie bereits erwähnt – sind die Kompetenzen eines Wirtschaftsinformatik-Studiums wie gemacht für diese Aufgabe. Es ist aus meiner Sicht das Hochschulstudium, das die benötigten Kompetenzen für die digitale Transformation in der Breite am besten abdeckt.
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