Campus | 18. Juli 2023

Brown Bag Series: Ist Customer Loyalty heute ein Wunschtraum?

Die Live Streaming Sessions «Brown Bag Series» sind eine Veranstaltungsreihe der HWZ in Zusammenarbeit mit Post Advertising, dem Swiss Marketing Forum und AZ Konzept. In unserer Sommerreihe blicken wir auf die vergangenen Veranstaltungen zurück. In dieser Ausgabe stand die Kundenbindung im Mittelpunkt. Unternehmen setzen auf Transparenz, Authentizität und emotionale Bindung, um Kunden langfristig zu binden und nutzen vermehrt Erkenntnisse aus dem Neuromarketing, um personalisierte Botschaften zu kreieren und die Kundenzufriedenheit zu steigern.

Brown Bag Series

Die Brown Bag Series sind eine Serie von Live Streaming Sessions, die die HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich in Zusammenarbeit mit Post Advertising, Swiss Marketing Forum und AZ Konzept veranstaltet. In unserer Sommerserie blicken wir jeden Dienstag auf eine Brown Bag Series zurück. Dieser Artikel erschien als Erstpublikation online auf «KMU_today» am 14.6.2023. Es handelt sich daher um eine Zweitpublikation.

Viele Branchen und Unternehmen klagen darüber, dass Konsumentinnen und Konsumenten immer weniger loyal sind. Der Preis etwas niedriger, das Angebot etwas attraktiver und schon ist es mit der Treue vorbei. In unserer schnelllebigen Zeit wird es immer schwieriger, eine tragfähige Kundenbeziehung aufzubauen, die langfristig Bestand hat. Es müssen also Wege gesucht und gefunden werden, damit sich Menschen weiterhin freiwillig und stabil an ein Unternehmen oder ein Produkt binden.

Am dritten «TalkTäglich»-Panel der Brown Bag Series 2023,  zum Thema «Ich bin dann mal weg – Ist Customer Loyality heute ein Wunschtraum?», das von Esther-Mirjam de Boer eingeleitet und moderiert wurde, haben teilgenommen: Silvia Beyeler, Leiterin Marketing & Kommunikation Stiftung SOS-Kinderdorf Schweiz, Sandra Mottola, Marketingleiterin Rimuss & Strada Wein AG, und Professor Michael Grund, Leiter Departement für Marketing und Business Communications HWZ. Präsentierender Partner: Die Post Advertising. Veranstalter: AZ Konzept, HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich und Swiss Marketing Forum. Medienpartner: persönlich.

Kundenloyalität heisst Beziehungsarbeit

Die Diskussionsrunde hat verschiedene Facetten des Kaufverhaltens vor dem Hintergrund psychologischer Erkenntnisse beleuchtet und aufgezeigt, wie Treue von Konsumentinnen und Konsumenten auch heute noch erreicht werden kann. «Kundinnen- und Kundenloyalität hat immer etwas mit bewusster Beziehungsarbeit zu tun, die aktiv gepflegt werden muss», erklären Sandra Mottola, Rimuss & Strada Wein AG, und Silvia Beyeler, SOS-Kinderdorf Schweiz, unabhängig von ihren sehr unterschiedlichen Branchen. Was bei Rimuss die Verbindung zu glücklichen Festivitäten in einem intergenerativen Rahmen angeht, ist beim SOS-Kinderdorf eine Spende, die zu einem guten Gefühl beim Spendenden ohne physischen Gegenwert beitragen und einer Sache dienen soll. «Etwas zurückgeben wollen», steht da im Vordergrund und schafft Treue zu transparent vorgestellten Projekten, wie Silvia Beyeler betont.

In der Weiterbildung an Fachhochschulen ist die Empfehlung von Ehemaligen als zentraler Aktivator zur Wahl des Bildungsanbieters anzusehen, so Michael Grund. Rund 50 Prozent der Kandidatinnen und Kandidaten für potenzielle Weiterbildungen haben an der HWZ bereits einen Bezug zur Institution, welcher auf guten Erfahrungen und Erlebnissen mit Dozierenden und Studiengängen basiert. Authentische Wieder- und Weiterempfehlungen sind zentral für die eigene Wahl der Bildungsinstitution, was eine messbare Grösse ist.

Messbarkeit via Kundenkontakt

Für Sandra Mottola sind neben einem internen Qualitätsmanagement regelmässige Gespräche mit dem Detailhandel relevant, was die Qualifizierung der Kundenzufriedenheit angeht. Dies, weil die Produkte an diesem Ort primär abgesetzt werden. Daneben finden vermehrt auch Kundinnen- und Kundengespräche statt, die über Newsletters und zunehmend auch über die sozialen Medien niederschwellig gesucht werden. Alkoholfreie Getränke liegen aktuell im Trend und Rimuss hat seit 1954 eine stabile Markenpräsenz, wenn es um alkoholfreie Kindergeburtstage und Menschen geht, «die auch ohne Alkohol lachen können». Dieser Markt entwickelt sich gut, und Rimuss entwickelt sich mit alkoholfreien Schaumweinen weiter, bei denen alle altersunabhängig mitfeiern können. Rimuss soll dabei mit Familiarität assoziiert werden, das bei Feierlichkeiten auf der emotionalen Ebene verbindend wirkt.

Wohin bewegt sich die Kundentreue? Wir befinden uns hier in einer Konsolidierungsphase bei steigender Sensibilisierung für Aspekte der Glaubwürdigkeit, Authentizität und der Transparenz. «Der Spendenmarkt ist im Umbruch», sagt Silvia Beyeler und verweist auf die verstärkte Wirkungsorientierung von Spenden in der Kommunikation. Man will heute genau wissen, wo was warum und mit welchem Ergebnis hinfliesst. Die Beweispflicht für den Empfänger wird relevant, auch beim SOS-Kinderdorf, das bereits seit 60 Jahren aktiv ist. Vermehrte Patenschaften sind hier eine nachhaltige Antwort, die bereits rund 20% der Spendeneinnahmen ausmachen.

Michael Grund betont: «Allein mit dem Argument Qualität ist heute keine stabile Kundinnen- und Kundentreue zu sichern. Sie gilt als absolute Grundvoraussetzung. Mit diesem Umstand ist das Risiko eines Wechsels deutlich gesunken, was die Bedeutung der emotionalen Bindung in dieser interaktiven Verbindung immer wichtiger macht.» Eine gute Story mit einer starken Brand Mission kann einen Brand zum Love Brand werden lassen, der, trotz der individuellen Suche nach Abwechslung («variety seeking»), zu einer persönlichen Orientierungshilfe wird. Sandra Mottola bezeichnet Rimuss als gut verankerten Love-Brand, der eine klare Positionierung besitzt, was sein Zielpublikum angeht («be a part of it»). Bei regelmässigen Degustationen wird diese intensive Beziehung stets gefestigt und Rejustierungen werden punktuell vorgenommen.

Neuromarketing wird zum Orakel

«Erkenntnisse aus dem Neuromarketing werden vermehrt bei Fragen rund um die Customer Loyalty beigezogen», sagt Michael Grund. Dies ist der Fall, weil sie hinsichtlich bildsprachlicher Kommunikationsaspekte und dem Design von Produkten wichtige Fragen beantworten können, welche die Zielgruppen betreffen. Ziel ist es, individualisierte Botschaften zu erstellen, mit denen Kundinnen und Kunden dann punktgenau angesprochen werden können. Erst ansatzweise werden dazu Datenanalysen eingesetzt, die fundierte Customer Insights liefern.

Generell gilt: Relevanz steigert Attraktivität, wenn dabei ein positives Gefühl ausgelöst wird. «Negative Erlebnisse können allerdings bei einem positiven Endergebnis die Loyalität zu einem Unternehmen festigen», erklärt Michael Grund. Beschwerden sind damit gleichzeitig immer auch eine Chance, was die Bedeutung des After Sales zur Festigung der Kundentreue verdeutlicht.