Campus | 2. März 2023

Frauen in der IT: Myrto Zehnder

Früher kämpfte sie dafür, als Informatik-Studentin ernstgenommen zu werden, heute setzt sie sich als Coach dafür ein, dass Tech Leaders ihre Führungsrollen richtig wahrnehmen. Myrto Zehnder wird ab nächstem Semester als Dozentin im Bachelor Wirtschaftsinformatik tätig sein und möchte damit einen wichtigen Beitrag leisten.

Zehnder Myrto Dozentin Bachelor Wirtschaftsinformatik

Noch immer fehlen die Frauen in der IT-Branche. Doch weshalb? Wir haben bei Dozentinnen aus dem Bachelor Wirtschaftsinformatik HWZ nachgefragt und mehr zum Thema sowie über ihren persönlichen Werdegang erfahren.

Unsere Dozentin im Fokus

Name: Myrto Zehnder

Job, Arbeitgeber: Leadership Coach, Zehnder Coaching GmbH

Wohnort: Zürich

Du bist Coach und arbeitest im Bereich Tech Leadership. Was gefällt dir an deinem Job am meisten?

Leute weiterzuentwickeln und sie gemäss ihren Stärken einzusetzen, ist für mich ein wichtiger Bestandteil der Teamzufriedenheit und erfolgreicher Führung. Das durfte ich selbst erleben und auch weitergeben. Als Führungsperson erweitert sich der Aufgabenbereich um Themen aus der Psychologie und Strategie. Tech Leaders werden oft in eine Führungsrolle befördert, ohne eine entsprechende Führungsschulung erhalten zu haben. Und das rächt sich. Darunter leiden die Motivation und Leistung des Teams und auch die Firma. Als Coach arbeite ich an diesen Themen und erarbeite eine Führungsphilosophie mit der Führungsperson.

Wie kam es, dass du jetzt in dieser Branche arbeitest? Wie sieht dein beruflicher Weg aus? 

Mit meinem Informatikstudium an der ETH mit «Training und Coaching» im Nebenfach hatte ich – für mich – voll ins Schwarze getroffen. Ich begann als Software-Engineer im Bankenbereich, übernahm später Teams und leitete Projekte. Als CEO führte ich ein KMU im Open Wealth Bereich und war auch Verwaltungsrätin. Das «Training und Coaching» an der ETH war eine Führungsausbildung im Spitzensport von der ich im Arbeitsalltag sehr viel umsetzen konnte. Und das wollte ich weitergeben. Daher habe mich an der ZHAW zur Coach weitergebildet und arbeite mit Führungskräften im Informatikbereich.

Hast du dich schon immer für den Bereich Informatik interessiert?

Informatik hat mich bereits als kleines Kind im Alltag begleitet. Als Kind hatte ich jedoch verschiedene andere Berufswünsche, z. B. Briefe verteilen im Büro oder Staatsanwältin. Als Teenager nutzte ich die Informatik, um mir mein Leben einfacher zu machen, indem ich eigene Werkzeuge programmierte. Ich würde es nicht als Hobby bezeichnen. Meine Hobbies waren Sport und Freund:innen treffen. Bei der Studienwahl wählte ich Informatik, da ich gerne Produkte entwickelte, die Leuten helfen.

Du wirst ab kommendem Frühlingssemester als Dozentin im Bachelor Wirtschaftsinformatik tätig sein. Wie kamst du zu dieser Tätigkeit? 

Ja, ich freue mich sehr auf meine neue Tätigkeit, ab Frühlingssemester 2023 als Dozentin im Bachelor Wirtschaftsinformatik tätig zu sein. Eine andere Dozentin hat mich auf eine freie Stelle aufmerksam gemacht.

Welches Fach wirst du unterrichten?

Agile Methoden

Was möchtest du unseren Studentinnen und Studenten mit auf den Weg geben?

Geht euren eigenen Weg! Im Studium lernt ihr einen bunten Strauss an Sachen: Nehmt das mit, was zu euch passt. Habt Mut zu Lücke und lasst etwas weg, wenn es euch nicht liegt.

Aktuell sind die Männer in den Studiengruppen des Bachelor Wirtschaftsinformatik in Überzahl. Was meinst du, woran liegt das? Weshalb fehlen die Frauen?

Dies ist Kultur abhängig. In der unseren wird Informatik, wie allgemein die Technik, mit dem Männlichen verbunden. Im Iran sind 80% der Informatik-Absolvierenden weiblich, da dort der Beruf als körperlich sicher gilt im Gegensatz zu Bauingenieur:innen beispielsweise.
Myrto Zehnder, Dozentin im Bachelor Wirtschaftsinformatik HWZ

Üblicherweise wird von den «typischen Informatikern» dieses Bild gezeichnet: männlich, Mathegenie, Einzelgänger und allein in dunklen Zimmern sitzend. Solange der Gesellschaft ein falsches Bild des Berufes gezeigt wird, wird dieser auch nicht attraktiv und erstrebenswert. Ein gemischtes Team, welches zusammen Visionen erstellt und Leuten mit ihrem Produkt hilft, wäre die realistischere und meiner Meinung nach attraktivere Botschaft.

Denn Informatik ist: Die Welt zu modellieren und den Leuten Werkzeuge zu geben, die ihr Leben einfacher machen und sie im Alltag unterstützen. Ja, programmieren gehört dazu, ist aber nur ein kleiner Teilaspekt der ganzen Produktentwicklung. Mit der Informatik kann man in die Bereiche eintauchen, die einen interessieren. Sei dies Medizin, Finanzen, Autobau, Beauty oder die Lehre.

Ein Blick in die Internet-Jobbörsen zeigt: Der Bedarf an Absolvierenden von Wirtschaftsinformatik-Studiengängen ist hoch. Es braucht aber eben nicht nur Männer, sondern auch viele Frauen. Weshalb?

Frauen und Männer erleben andere Realitäten und haben andere Eigenschaften. Um sinnvolle Produkte für die gesamte Gesellschaft herzustellen, müssen sowohl Frauen als auch Männer am Design und der Entwicklung beteiligt werden. Ansonsten bleibt es bei Produkten, die von Männern für Männer hergestellt werden.

Zudem hat die Forschung gezeigt, dass diversifizierte Teams bessere Leistungen erbringen als nur männliche. Das Frauen im Team einen positiven Einfluss haben, höre ich auch von vielen Männern in meinem Kollegenkreis.

Und wie schaffen wir es, zukünftig mehr Frauen für diesen Studiengang, für dieses Fachgebiet zu begeistern?

Tolle Rolemodels aus dem Informatikbereich helfen insbesondere jungen Frauen diese Berufsrichtung einzuschlagen. Ich bin froh, um die entstandene Vielfalt der verschiedenen Bezeichnungen für die Berufsbilder in der Informatik. Das bildet die Realität besser ab und macht den Einstieg einfacher. Jedoch benötigt es bereits in der Primarschule eine bessere Information über Berufsfelder. Bei Berufsvorstellungen sollten immer alle Kinder anwesend sein und nicht nur bei den Berufen, die sie aktuell als interessant finden oder sich nicht zumuten. Aktuell männlich besetzte Berufe sollten häufiger von Frauen und weiblich konnotierte Berufe häufiger von Männern vorgestellt werden.

Wenn du an deinen persönlichen, beruflichen Werdegang zurückdenkst. Gibt es Dinge, die du anders machen würdest? Oder etwas, dass du gerne vorher gewusst hättest? 

«Die Karriere nach dem Studium ist ein Marathon» – da hätte ich einiges etwas relaxter angehen können. Ich bin glücklich mit meinem Werdegang. Ich durfte mit ausgezeichneten Leuten zusammenarbeiten und Vieles lernen.

Vorurteile habe ich leider einige erlebt. Als Studentin gab es Männer, die mir nicht geglaubt haben, dass ich Informatik studiere, oder sie haben automatisch angenommen, dass sie in diesem Fachgebiet sicher besser seien. Mit 20 arbeitete ich als Praktikantin an einem Stand an einer Informatikmesse. Interessierte habe ich angesprochen, ob sie Fragen hätten. «Ja, technische Fragen. Ich warte, bis der Herr frei wird». Da habe ich es mir aber nicht nehmen lassen zu antworten: «Der Herr ist vom HR, bei technischen Fragen sind sie bei mir richtig».

Im eigenen Team war es selten ein Problem, wir arbeiteten zusammen, wussten wer was gut kann und was nicht, und das Geschlecht war nie ein Thema. Und was mich freut, es kommt immer seltener vor.

Du willst mehr über den Bachelor Wirtschaftsinformatik erfahren? 

Entweder-oder-Fragen an die Dozentin

  • Stadt oder Land? Alltag Stadt, Ferien Land

  • Meer oder Berge? Meer

  • Koffer oder Backpack? Koffer

  • Winter oder Sommer? Sommer

  • Auto oder Fahrrad? Velo

  • Buch oder Hörbuch? Am liebsten beides

  • Musik oder Podcast? Sowohl als auch: Podcast um mich weiterzubilden, Musik zur Entspannung

  • Tatort oder Tschugger? NCIS Hawaii

  • Wein oder Bier? Wein

  • Pizza oder Pasta? Pizza

  • Schokolade oder Chips? Schoggi

  • Android oder iPhone? Android

  • Apple oder Microsoft? Microsoft

  • Online-Shopping oder im Laden kaufen? Je nach Produkt ...

  • Unterwasser atmen oder fliegen können? Fliegen!