Forschung | 8. April 2020

Krypto Treasury: Eine valable Alternative für KMUs

Dozent Vicente Raurich analysierte in einem HWZ Working Paper gemeinsam mit den Studierenden des Bachelors Wirtschaftsinformatik David Knezic, Patrick Zimmermann, Michael Disteli und Michael Rossi die Wirtschaftlichkeit eines Krypto-Treasurys für exportorientierte Schweizer Unternehmen. Dabei konnten sie aufzeigen, dass Bitcoin und andere seriöse Kryptowährungen KMUs eine valable Alternative für Banküberweisungen bieten, da diese Transaktionen schneller, transparenter und kostengünstiger sind.

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Vicente Raurich, als erstes eine Verständnisfrage: Was ist Krypto-Treasury?
Das Wort Krypto-Treasury setzt sich aus den Wörtern «Kryptowährung» und «Treasury» zusammen. Beim Treasury geht es um die Liquiditätsversorgung des Unternehmens, inklusive der Verwaltung der unterschiedlichen Fremdwährungen.

Was ist der Vorteil von Krypto Treasury?
In unserer konzeptionellen Studie konnten wir feststellen, dass Fremdwährungs-Transaktionen über den Umweg Kryptowährungen folgendes sind:a) Schneller (Sekunden bis Minuten), anstatt der üblichen Stunden bis hin zu 1-2 Arbeitstagen bei einer üblichen Banktransaktionb) für bestimmte Transaktionen sind die Gebühren deutlich tiefer als beim traditionellen Weg über die Banken

Für wen eignet sich der Krypto Treasury Ansatz?
Unsere Untersuchung konzentriert sich auf KMUs im Bereich von wenigen Mio. CHF Umsatz bis ca. 500 Mio. CHF Umsatz pro Jahr. Da solche Unternehmen jeweils kleinere Fremdwährungstransaktionen tätigen (beispielsweise zur Liquiditätsversorgung der Filialen und Cost-Center), haben sie relativ unattraktive Konditionen bei ihrer Hausbank. Hohe Transaktionsgebühren, schlechte Fremdwährungskonditionen und umständliche Prozesse sind der Normalfall. Deshalb war es besonders spannend zu sehen, inwiefern kleinere Marktakteure wie KMUs dank Krypto-Treasury günstigere und effizientere Alternativen für Fremdwährungstransaktionen nutzen können.

Was braucht es, um einen effizienten Krypto Treasury Betrieb zu ermöglichen?
Wir haben für jedes untersuchte Land, inkl. der Schweiz, lokale Dienstleister identifiziert, die sowohl die Kontoführung in Lokalwährung übernehmen, wie auch die Transaktionen in Bitcoins unterstützen. Der Vorteil der Blockchain-Technologie (auf der Kryptowährungen basieren) ist es ja, dass Prozesse automatisch und unverfälschbar abgewickelt werden können. Viel schneller, effizienter, und über die Skaleneffekte einer Blockchain-Plattform auch viel günstiger als der selbe Prozess bei einer Bank.

Sie haben in Ihrer Studie mit Bitcoin gearbeitet. Wieso?
Von den vielen verfügbaren Kryptowährungen haben wir uns auf diejenige mit der grössten Marktkapitalisierung beschränkt: den Bitcoin. Die höchste Marktkapitalisierung garantiert weltweit die höchste Akzeptanz und dadurch auch den höchsten Grad an Liquidität.

Sie haben in Ihrer Arbeit die Konvertierungsgebühr mit dem herkömmlichen Spread verglichen, woher kommt dieser grosse Unterschied?
Während für die Transaktion bei einer Bank möglicherweise keine oder eine kleine Gebühr verlangt (z.B. 5.- CHF) wird, verdient die Bank am angebotenen (für den Kunden ungünstigeren) Wechselkurs. Dieser Wechselkurs-Unterschied wird «Spread» genannt. Beim Bitcoin ist es anders: Ein Bitcoin ist in Canada, im Euro-Raum oder der Schweiz gleich viel Wert. Hier kommen also lediglich die Transaktionsgebühren hinzu. Zugegeben, wir weisen auch auf den weiteren Forschungsbedarf hin, im Rahmen eines Pilotprojektes die Implementierung bei einem KMU und die damit einhergehenden Kosten praktisch zu untermauern.

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Zu welchen Fazit kommen Sie in ihrem Paper und wer kann von den Resultaten profitieren?
Bitcoin und andere seriöse Kryptowährungen bieten KMUs eine valable Alternative für Banküberweisungen, ganz speziell Fremdwährungsüberweisungen. Transaktionen in Kryptowährungen sind schneller, für alle Beteiligten transparenter nachzuvollziehen und eben je nach Fall auch kostengünstiger.

Kryptowährungen und die neuesten Entwicklungen unter COVID-19

von Vicente Raurich

1. Reaktionen von institutionellen Anlegern

Ein starker Hinweis darauf, dass Kryptowährungen eine immer anerkanntere Anlageklasse (wie z.B. auch Edelmetalle, Obligationen, Aktien, etc…) für institutionelle Anleger geworden ist, zeigt die Anlegerreaktion in der COVID-19 Krise: Parallel zum Börsencrash Anfangs März 2020 erfassten die Panikverkäufe auch den Bitcoin.

Einerseits überrascht dies, da Bitcoins bisher als «digitales Gold» galten und sich gegenläufig zu den Börsentrends entwickelte. Dies stimmt auch einerseits, da sich der Bitcoin in der zweiten Märzhälfte einigermassen stabiler und unabhängiger als die Börsen entwickelt. Andererseits ist beim Bitcoin-crash Anfang März 2020 bemerkenswert, dass 70% der Transaktionen zwischen 10 und 1’000 Bitcoins (Gegenwert zwischen 100’000.- CHF und 10 Mio. CHF) gross waren.

2. Bitcoin gegen Inflationsrisiken?

Die COVID-19 Krise ist auch (wieder) die Krise der zentralen Regierungs-Rettungsmassnahmen und der Nationalbanken. Einerseits drohen Staaten sich nun verstärkt zu verschulden sowie Nationalbanken weiteres «billiges» Geld in den Wirtschaftskreislauf zu pumpen. Dies verstärkt über kurz oder lang den inflationären Trend. Bitcoin ist diesbezüglich sehr unabhängig: Der Vorteil (und Nachteil) von Bitcoin ist, niemand kontrolliert ihn, er ist limitiert, und er folgt einem festgelegten Algorithmus. Dies macht Bitcoin gerade auch in Krisenzeiten zu einer interessanten, «harten» und glaubwürdigen Währungsalternative.

3. Bitcoin als mögliche Leitwährung in einer Welt mit Vertrauensverlust?

Setzt man Bitcoin verstärkt im Zahlungsverkehr ein, hätte man dieselben Vorteile wie beim kontaktfreien Bezahlen, und zusätzlich auch weniger «Balast» des bisherigen Zahlungsverkehrs: Gebühren, hantieren mit Bank-Belegen (z.B. Transaktionen und Kontostände bei Bitcoin in Echtzeit jederzeit online einsehbar, aber nicht manipulierbar), Vertrauen in eine bankseitig bereitgestellte Infrastruktur.In einer Welt in der Vertrauen zur Mangelware geworden ist, könnte der relativ «neutralen» Bitcoin-Währung plötzlich eine vertrauensbildende Rolle bei Transaktionen zukommen.

Über die HWZ Working Paper Series

Die HWZ Working Paper Series verbindet Forschung und Unternehmenspraxis und macht anwendungsorientierte Erkenntnisse und Lösungsstrategien für die Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft zugänglich. Ziel ist es, neue HWZ-Forschungsergebnisse der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.