Event | 26. Februar 2020
Zur Lancierung des neuen Working Papers fand am 24. Februar 2020 an der HWZ die Fachtagung der Fachstelle für authentische Markenführung über Chancen und Herausforderungen für regionale und nachhaltige Lebensmittel statt. Dabei kamen Produzenten, Verbände und Detailhändler zu Wort und sprachen über Preissetzung, Wachstumsmöglichkeiten und den Unterschied zwischen Regionalität und Nachhaltigkeit.
Den Beginn machte Fachstellenleiter Stephan Feige. Zusammen mit Raphael Annen veröffentlichte er Anfang Jahr das Working Paper zum Thema «Authentizität von Lebensmitteln durch Ingredient Branding – die Herkunft von Zutaten als Markenversprechen.» Dort zeigten die beiden Autoren auf, dass Schweizerinnen und Schweizer je nach Produkt bereit sind, 10% bis 30% mehr für ein Produkt zu bezahlen, wenn bei mindestens einer Zutat die Herkunft genannt wird.
Nach der Einführung von Stephan Feige präsentierte Aurèle Meyer von der Brauerei Locher, wie Appenzeller Quöllfrisch als regionales Produkt national auf den Markt gebracht wird. Als Appenzeller Marke arbeiten sie mit Braugerste aus dem Bündnerland und aus dem Chateaux du Crest zusammen und überwinden so sogar den Röstigraben.
Weitere regionale Produkte der Brauerei Locher, welche Inhaltsstoffe aus anderen Regionen hinzufügen, sind die Bschorle mit Obst aus der Ostschweiz, Honigbier mit Honig quer durch die Schweiz und Reisbier mit Reis aus der Maggia.
Als zweites interviewte Stephan Feige Christian Keller von Hirz. Keller wies zu Beginn darauf hin, dass der Trend zu regionalen Produkten keineswegs neu ist, sondern vor 150 Jahren, wo Hirz noch von einem Bauern in einer Molkerei auf dem Hirzel entstand, bereits Thema war. So wollten nicht nur die Stadtzürcher jede Woche die Butter von dem Bauern vom Hirzel, sondern bis nach Paris wurde die Butter vom Land verkauft.
Dazwischen war aber das Thema Regionalität in Vergessenheit geraten, bis es von einigen Jahren wieder ein grosses Thema wurde und die Menschen wieder bewusster Produkte einkauften. Um sich auf dem grossen Markt der Joghurts zu differenzieren, wurden bei Hirz Thurgauer Erdbeeren, Zuger Kirschen und weitere regionale Produkte eingebaut.
Keller machte aber auch keinen Hehl daraus, dass diese Joghurts einige Rappen teurer sind in der Herstellung, betonte aber auch, dass Hirz nur eine Preisempfehlung abgibt, der Konsumentenpreis aber vom Detailhändler definiert wird. Auch unterstrich er, dass regionale Produkte immer noch Nischenprodukte sind und Ferienkantone, mit denen sich der Kunde schweizweit emotional verbundener fühlt, wie beispielsweise Walliser Aprikosen besser funktionieren als Luzerner Rhabarber. Als Herausforderung sieht er die Abhängigkeit vom Lieferanten, wenn beispielsweise eine Ernte schlecht ist, gibt es zu wenig Früchte und durch den Namen ist man allerdings an die Region gebunden.
Nachdem die Vorredner immer wieder auf die Rolle des Grossverteilers als Preissetzers aufmerksam machten, durfte Marc Muntwyler von Coop die Bühne übernehmen. Er erklärte, dass es bei Honig, Joghurt, Eier und Käse eine hohe Zahlungsbereitschaft gibt für regionale Produkte, bei Wurst-und Milchprodukten diese abnimmt und bei Gemüse, wie beispielsweise Karotten, diese noch weiter sinkt.
Danach zeigte er auf, wie «Miini Region» als Gütesiegel funktioniert. Demnach werden die Produkte von den regionalen Lieferanten im Originalauftritt verkauft, sodass beispielsweise ein Bier aus Interlaken in Interlaken selbst ein «Miini Region» Produkt sein kann, in Zürich aber ohne das Gütesiegel verkauft wird. Zum Schluss machte Muntwyler noch darauf aufmerksam, dass Regionalität nicht immer gleich Nachhaltigkeit sei, Coop aber gerade darauf grossen Wert lege.
Der zweite Interviewgast war Hans Aschwanden. Der Käser aus Seelisberg übernahm die Käserei von seinem Vater zum Zeitpunkt, als regionale Produkte einen Aufschwung erlebten.
Er zeigte aber auch auf, wie die Komplexität sich im Betrieb immer weiter erhöht und sie mittlerweile diverse Labels und Zertifizierungen haben. Diese nutzt er auch fürs Marketing. Je nach Markt und Kanal wird ein anderes Label präsenter, mal ist Regionalität, mal Bio, mal Nachhaltigkeit wichtiger. Marketing ist für Aschwanden sowieso ein grosses Thema, denn: «Früher haben wir die Hungrigen satt gemacht, heute müssen wir die Satten hungrig machen.»
Als nächstes betrat Jasmin Said Bucher von Alpinavera und Präsidentin vom Verein Schweizer Regionalprodukte die Bühne. Die Aufgabe des Vereins ist, dem Trend einen Rahmen, eine Zertifizierung zu geben. Was macht für sie ein Regionalprodukt aus? «Grundsätzlich kann man sagen, dass diese Produkte in ländlichen Orten hergestellt werden und nicht in Ballungsräumen, man ist also darauf angewiesen, dass dieses regionale Spezialitäten nicht nur in der eigenen Region verzehrt werden, aber wenn es den Namen der Region trägt, soll es dort entstehen, die Distribution kann aber auch ausserhalb erfolgen.»
Zum Pricing erklärte Said Bucher, dass der Produzentenpreise beispielsweise bei Käse um 10 bis 15% teurer ist. Schwieriger sei es bei Milch, Früchten und Gemüse, also allen unverarbeiteten Produkten, da hier die Schweiz bereits einen hohen Standard hat, der sich von Ausland abhebt. Auch wenn der Markt der Regionalprodukten klein ist, ist Said Bucher überzeugt, dass mit einer vernünftigen Wertschöpfungskette und guten Zertifizierungen, die Produzenten von Regionalprodukten sich gut platzieren können und ihre Nische und ihre Chance auf dem Markt haben.
Zum Schluss machte Said Bucher einen Aufruf an die Konsumentinnen und Konsumenten nicht nur ein- oder zweimal die Woche regionale Produkte zu kaufen, sich aber gleichzeitig Sorgen um das Klima zu machen, sondern schlichtweg konsequenter sein beim Einkaufen.
Lars Mächler, verantwortlich bei Emmi für die lokalen Molkereien, zeigte die Einordnung von regionalen Produkten von Emmi: So gibt es Micro, dort werden lokale Produkte in der Region verkauft, dann gibt es Meso, das sind regionale Produkte welche schweizweit verkauft werden, beispielsweise Basler Läckerli, und dann gibt es Macro, das sind regionale Produkte die weltweit verkauft werden, beispielsweise Toblerone.
Danach erklärte Mächler anhand des Beispieles der Lataria Engiadinaisa SA, weshalb Emmi in regionale Molkereien investiert und wie eine solche Zusammenarbeit aussehen kann. Dabei hat Emmi zusammen mit den Milchproduzenten die Marke neu positioniert. Nach dem Rebranding erreichten sie beim Joghurt einen Wachstum von 40%, beim Fondue gar von 65%.
Den Abschluss machte Urs Schneider vom Schweizer Bauernverband. Er betonte, dass in dieser Fachtagung nur von 5% aller Schweizer Produkten gesprochen wurde und das es wie in einer Pyramide sei. Als Erstes sollte man sich vornehmen, dass der Konsument/die Konsumentin sich für ein Schweizer Produkt entscheidet und man zur Spitze, sprich zu den regionalen Produkten hocharbeiten.
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