Aktuell | 20. Juli 2021

Was bedeutet VUCA?

Pascal Stocker, Studiengangsleiter des neuen CAS Business Management & Leadership HWZ, geht in «Ask the Expert» dem Akronym VUCA auf den Grund. Weshalb wir unsere eigene Denk- und Handlungsweise aufgrund aktueller Weltereignisse öfters hinterfragen müssen und welche Rolle die verschiedenen Generationen X, Y und Z in der VUCA-Welt spielen, erklärt er im Blogbeitrag.

Hwz Ask the Expert Visual Pascal Stocker

Die HWZ lebt zu einem grossen Teil vom Wissen ihrer Expertinnen und Experten aus der Praxis. In unserer Rubrik «Ask the Expert» stellen wir unseren HWZ-Expertinnen und -Experten Fragen aus Themenbereichen, die an der HWZ im Unterricht behandelt werden. Dabei handelt es sich um Fragen, die immer wieder auftauchen und aktuelle Fachbegriffe, die Erklärungsbedarf haben. In einem ausführlichen Blogbeitrag gehen Studiengangsleitende oder Dozierende den Fragen auf den Grund.

Das Buchstabenwort VUCA bringt die Besonderheiten der gegenwärtigen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen auf den Punkt. Es beschreibt, mit welchen Herausforderungen wir in der heutigen Welt und der sogenannten New Work konfrontiert sind und fasst zusammen, welche Veränderungen wir im Alltag spüren und wie wir ihnen mit Leadership begegnen können.

Herausforderungen der Gegenwart

Die Abkürzung VUCA beschreibt unsere zunehmend volatilere, unsicherere, komplexere und mehrdeutigere Welt. Das Akronym kommt nicht aus der Unternehmensführung. Es diente am United States Army War College, um die Welt nach dem Kalten Krieg besser einzuordnen und floss danach in einen breiteren Kontext ein. Die Abkürzung steht für VolatilityUncertaintyComplexity und Ambiguity.

Volatility beschreibt die hohe und zunehmende Geschwindigkeit sowie die unstetige und unberechenbare Entwicklung mit der wir täglich konfrontiert sind. Grenzen verschwimmen und langfristige Planung wird immer schwieriger. Unser Leben ist unbeständiger, unberechenbarer, empfindlicher aber auch lebhafter geworden. Exemplarisch dafür sind die Corona-Krise oder digitale Player wie Uber & Co., welche sich in kürzester Zeit zu dominierenden Unternehmen entwickelten.

Uncertainty beschreibt die vermehrt unklaren, unentschiedenen, unsicheren oder gar ungewissen Zustände, welche wir in unserer Arbeitswelt aber auch im Privaten wahrnehmen. Unser Leben ist undurchschaubarer, unwägbarer, unvorhersehbar, aber auch abwechslungsreicher geworden. Exemplarisch dafür sind Bitcoins oder die US-Präsidentschaftswahlen.

Complexity beschreibt Gegebenheiten, welche von mehreren, sich gegenseitig abhängigen und beeinflussenden Faktoren geprägt sind. Unser Leben ist vielschichtiger, verflochtener, unübersichtlicher, komplexer, aber auch differenzierter und vielfältiger geworden. Exemplarisch dafür sind die globalen Auswirkungen des durch das Containerschiff «Ever Given» blockierten Suezkanals, unsere Abhängigkeit von Strom und Internet oder die Realität gewordene Multioptionsgesellschaft.

Ambiguity beschreibt die vielschichtigen, variablen und sich teils widersprechenden Situationen, in den wir uns befinden. Unser Leben ist mehrdeutiger, unklarer, widersprüchlicher, aber auch voller Möglichkeiten geworden. Exemplarisch dafür ist unsere totale Vernetzung und der permanente Austausch über digitale Kanäle – und trotzdem waren wohl noch nie so viele Menschen einsam wie heute.

Mehrere Faktoren treiben die VUCA-Welt

Oft wird die Abkürzung VUCA dazu verwendet, die Auswirkungen der Digitalisierung zu beschreiben. Dabei werden mögliche Strategien und Ansätze aufgezeigt, diese Entwicklungen und Veränderungen anzupacken. Neben der Digitalisierung gibt es weitere Treiber, welche in Kombination wirken. Darunter fallen verschiedenste Entwicklungen und Trends wie die Globalisierung, Automatisierung, veränderte Erwartungshaltungen der Mitarbeitenden (Generation XYZ), neue Anbieter mit teils disruptiven Geschäftsmodellen, Verschwimmen der Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit, politische Umwälzungen, volkswirtschaftliche Entwicklungen usw.

Wir Menschen und die Unternehmen sind somit durch die VUCA-Welt einmal mehr – wie schon in anderen Konjunkturphasen – gefordert. Bewährte Vorgehensweisen und Werkzeuge führen in vielen Situation nicht zur gewünschten Wirkung. Es gibt nicht einen richtigen Weg, sondern viele mögliche Wege. Insbesondere die kausalen Vorgehensweisen funktionieren je nach VUCA-Grad nicht mehr oder ungenügend. Neue Fähigkeiten, Fertigkeiten und vor allem ein neues Selbstverständnis sind notwendig; insbesondere eine gesunde Haltung und eine positive Wandlungsbereitschaft.

Mit Wandel, Innovation und Komplexität umgehen

In der Wirtschaft zeigt sich VUCA durch innovative oder optimierte, vielfach neue Technologien getriebene, Geschäftsmodelle. Neue und wegweisende Lösungen führen zu grossen Umwälzungen bei bestehenden Problemen. Oft wird dabei von Disruption gesprochen. Es entstehen auch komplett neue Möglichkeiten und Geschäftsmodelle, welche keinen zerstörerischen bzw. verdrängenden Charakter aufweisen. Auch entstehen neue Lösungen, indem Kunden besser verstanden, Problemstellungen hinterfragt und neu definiert werden.

Es gilt somit offen, kreativ, lernbereit, flexibel und mutig zu agieren.

Die von VUCA abgeleitete Betrachtungsweise Vision, Understanding, Clarity, Agility bietet mögliche Denk- und Handlungsansätze dazu:

Vision – Eine klare und gemeinsame Zukunftsvorstellung gibt Orientierung, fördert die Identität und gibt Sinn für das tägliche Tun. Die Voraussetzung ist eine offene und vertrauensvolle Kommunikation sowie eine klare Vision.

Understanding – Dinge und Gedanken beim Namen nennen, Transparenz, Fehlertoleranz, Authentizität, Vertrauen und Verlässlichkeit können helfen, sich und andere besser zu verstehen und als Führungskraft und Unternehmen klug und umsichtig zu handeln.

Clarity – Offenheit und Eindeutigkeit in der Kommunikation, Transparenz und Partizipation bei Entscheidungen, Verantwortung für das Tun und Unterlassen, Entscheidungsmut, Veranschaulichung, interkulturelles Verständnis sowie Kooperation und Austausch geben Übersicht und Klarheit.

Agility – Vertrauen, Loyalität, Offenheit, Fehlertoleranz, Neugier, Freiraum und ein Minimum an Regeln fördern die Beweglichkeit und Anpassungsfähigkeit von Führungskräften und Mitarbeitenden, damit das Unternehmen flink, gewandt, und geschickt agieren kann.

Unabdingbares Fundament für diese Denk- und Handlungsansätze ist eine vom unternehmerischen Denken und Handeln bzw. Intrapreneurship geprägte Unternehmenskultur, welche auf Vertrauen, Transparenz, Miteinander, Verantwortung, Flexibilität und unendlicher Neugier gründet. Dabei gilt es mehr denn je, nicht auf die Zukunft zu hoffen, sondern diese mit den vorhandenen Mitteln zu gestalten, gezielt mit Partnern zusammenzuarbeiten, Neues zu wagen und verkraftbare Risiken einzugehen, flexibel zu bleiben und sich bietende Chancen clever und konsequent zu nutzen.

Persönliche Haltung, Kommunikation und Werkzeuge entscheidend

Voraussetzung ist, VUCA und die dahinterliegenden Mechanismen zu verstehen und sich davon nicht ins Bockshorn jagen zu lassen. Vielmehr das Mögliche anpacken und gestalten. Sich als Führungspersönlichkeit, die verschiedenen Umfeldfaktoren, Stakeholder und insbesondere die Möglichkeiten und Grenzen von Technologien vertieft verstehen. Die persönliche Haltung und Kommunikationsfähigkeit sind dabei entscheidende Erfolgsfaktoren. Zeitgemässe und insbesondere pragmatische Herangehensweisen und Methoden wie bspw. «Design Thinking» oder Geschäftsmodellinnovation werden trainiert und gekonnt eingesetzt. Im neuen CAS Business Management & Leadership der HWZ erarbeiten wir genau dieses Verständnis, verfeinern die eigene Haltung und trainieren das notwendige Rüstzeug.

The Expert: Pascal O. Stocker

Pascal O. Stocker leitet an der HWZ die Fachstelle Entrepreneurship und den neuen CAS Business Management & Leadership. Er studierte Betriebswirtschaft an der HWZ und Corporate Finance am Institut für Finanzdienstleitungen der Hochschule Luzern. Sein Spezialgebiet umfasst die Entwicklung von Geschäftsmodellen und die strategische Führung von inhabergeführten Unternehmen. Dabei ist er seit über 20 Jahren täglich mit Innovation und den Herausforderungen der VUCA-Welt konfrontiert. Aufgrund der Erfahrungen aus eigenen Vorhaben und zahlreichen Kundenprojekten, lernte er als Pragmatiker, in welcher Situation welche Vorgehensweise und welche Werkzeuge zum Erfolg führen. Pascal O. Stocker ist Mitautor der im Verlag SKV erschienenen Fachbücher «Die Unternehmensstrategie – Von der Entwicklung bis zur Umsetzung» und «Der Businessplan – Von der Idee über das Geschäftsmodell zum Businessplan».

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