Aktuell | 4. Juli 2025
An der HWZ im Bachelor Betriebsökonomie studieren, gleichzeitig zu 100 % arbeiten und im Verein Fussball spielen – eine Mehrfachbelastung, die Lorena Dössegger gut im Griff hat. Trotz vollem Alltag bleibt ihr genug Energie für das, was ihr seit der Kindheit am meisten Freude macht. Doch im Juli stehen nicht nur Prüfungen an, sondern auch die UEFA Women’s EURO 2025 im eigenen Land ist im Fokus. Im Interview spricht sie darüber, was sich im Frauenfussball verändert hat und was sie sich von der Heim-EM erhofft.
Dieses Interview ist Teil einer Content-Reihe zur UEFA Women’s EURO 2025. Als Hochschule möchten wir Themen wie Chancengleichheit und Sichtbarkeit von Frauen nicht nur in der Bildung, sondern auch darüber hinaus mehr Aufmerksamkeit schenken.
Lorena, du steckst gerade mitten in der Prüfungsphase an der HWZ, arbeitest gleichzeitig 100 % – und bist aktive Fussballerin! Wie bringst du das alles unter einen Hut und wie hat der Fussball da noch Platz? Oder ist er inzwischen mehr Ausgleich als aktives Thema?
Der Fussball begleitet mich, seit ich fünf Jahre alt bin. Er ist ein fester Bestandteil meines Lebens. Auch wenn Studium und Job viel Zeit in Anspruch nehmen, habe ich früh gelernt, mich gut zu organisieren. Nach Beginn des Studiums habe ich den Verein gewechselt, damit sich die Trainingstage und der Unterricht nicht überschneiden. So funktioniert es erstaunlich gut. Natürlich ist Fussball auch ein Ausgleich für mich. Aber vor allem macht es mir einfach Spass. Und genau deshalb bin ich bereit, den dafür nötigen Einsatz zu leisten.
Du sagst, Fussball begleitet dich schon seit dem fünften Lebensjahr. Wie kam es dazu und was hat dich bis heute dabeibleiben lassen?
Im Kindergarten haben wir ständig Fussball gespielt, und meine beste Freundin war schon im Verein. Ich wollte unbedingt ebenfalls in den FC. Einerseits, um besser zu werden, andererseits, weil es einfach Spass machte. Zu Hause habe ich fast täglich mit meinem Nachbarn gespielt, und in der Schule war ich immer diejenige, die den Ball dabeihatte. Diese Begeisterung hat nie aufgehört.
Du hast früher bei den Jungs gespielt, heute spielst du in der 2. Liga im Frauenteam. Wie haben sich dein Umfeld und deine Erfahrungen als Spielerin über die Jahre verändert – sei es im Team, auf dem Platz oder im Allgemeinen?
Als ich früher mit den Jungs gespielt habe, war das ganz selbstverständlich. Wir haben immer zusammengespielt und uns gemeinsam verbessert. Es war klar, dass ich dazugehöre. Diese frühe Akzeptanz hat mir viel Selbstvertrauen gegeben. Heute spiele ich in der 2. Liga bei den Frauen, im Amateurbereich, aber mit viel Leidenschaft. Natürlich wollen wir gute Leistungen zeigen, aber genauso wichtig sind für mich der Teamzusammenhalt, der Spass am Spiel und der Ausgleich zum Alltag.
Mir fällt besonders auf, dass heute deutlich mehr Mädchen auf den Fussballplätzen unterwegs sind als früher. Auch kleinere Vereine haben inzwischen eigene Juniorinnen-Teams, was zeigt, wie positiv sich der Frauenfussball entwickelt.
Die UEFA Women’s Euro 2025 findet in der Schweiz statt. Als jemand, der den Frauenfussball aus nächster Nähe kennt: Was geht dir dabei durch den Kopf? Hast du ein Favoriten-Team?
Ich freue mich riesig auf die EM, auf die Stimmung, die volle Aufmerksamkeit für den Frauenfussball und all die Events, die rundherum geplant sind. Es ist eine einmalige Gelegenheit, das Turnier im eigenen Land zu erleben und hautnah dabei zu sein. Besonders cool fand ich, wie das Schweizer Kader kürzlich kommuniziert wurde. Das war kreativ, neu gedacht und hat gezeigt, wie viel Schwung gerade im Frauenfussball steckt.
So kreativ hat die Schweiz ihr EM-Team präsentiert und damit für Aufmerksamkeit gesorgt.
Meine Favoritenteams sind England und Deutschland. Beide bringen viel Qualität, Erfahrung und Tempo mit, und sie haben in den letzten Jahren gezeigt, dass sie konstant auf hohem Niveau spielen können. Ich freue mich auf spannende Spiele und darauf, dass die EM dem Frauenfussball in der Schweiz langfristig Rückenwind gibt.
Du hast erzählt, dass du an fast jedes Nati-Spiel gehst und du warst auch schon an der Europameisterschaft in England im Jahr 2022. Was zieht dich immer wieder hin? Das Spiel, die Leute, das Drumherum?
Mich zieht vor allem die besondere Atmosphäre der Nati-Spiele an. Im Stadion spürt man diese Mischung aus Spannung und Gemeinschaft und ich geniesse es jedes Mal, mit Kolleginnen einen tollen Abend zu verbringen, selbst wenn das Resultat nicht immer stimmt.
Besonders fasziniert mich, wie friedlich die Spiele ablaufen: Die Fans unterstützen leidenschaftlich, bleiben dabei aber respektvoll, was eine offene und familiäre Stimmung schafft.
Ein Moment, der mir bis heute in Erinnerung geblieben ist, war mein erstes Länderspiel. Nach dem Abpfiff kamen die Spielerinnen auf die Tribüne, verteilten Autogramme, machten Selfies und nahmen sich Zeit für alle. Diese Nähe zwischen Team und Fans erlebe ich so nur im Frauenfussball, und genau das zieht mich immer wieder hin.
Ich habe das Gefühl, dass der Frauenfussball in den letzten Jahren an Sichtbarkeit gewonnen hat. Wie nimmst du diese Entwicklung wahr?
Absolut, ich spüre den Aufschwung bei jedem Besuch im Stadion. Nach der EM 2022 sass ich bei einem Ligaspiel im Emirates Stadium in London und fast alle Plätze waren belegt. Vor wenigen Jahren wäre es unvorstellbar gewesen, dass Frauenteams in solchen Stadien auftreten. Dieses Bild hat mir eindrücklich gezeigt, wie sehr das Interesse gewachsen ist.
Gleichzeitig merke ich, dass der Fortschritt nicht überall gleich schnell ankommt. Beispielsweise im Women’s Beach Soccer wird das Engagement der Spielerinnen kaum wahrgenommen. Sie stemmen Ausrüstung, Reisen und Organisation selbst. Sie werden vom SFV nicht anerkannt, das Herren-Team jedoch schon. Da liegt noch viel Potenzial, das wir mit der neuen Aufmerksamkeit unbedingt fördern sollten.
In deinem Umfeld engagieren sich einige Freundinnen aktiv für den Frauenfussball. Was bedeutet dir dieses Engagement und was schätzt du besonders an solchen Initiativen?
Ich finde es richtig cool, was da entsteht. Aktionen wie die kreative Kaderbekanntgabe oder die Fanmeile an der Europaallee bringen frischen Wind und zeigen, dass der Frauenfussball auf eine eigene, moderne Art begeistert. Es steckt so viel Herzblut dahinter, egal ob beim Aufbau eines Fanclubs oder bei der Organisation solcher Events.
Ich werde auf jeden Fall die Fanmeile besuchen und kann mir gut vorstellen, mich in Zukunft selbst als Volunteer zu engagieren. Gerade solche Initiativen machen den Frauenfussball nahbar und lebendig.
Wer selbst in EM-Stimmung kommen will: In der Züri Fanzone gleich neben der HWZ finden während der UEFA Women’s EURO 2025 zahlreiche Events, Public Viewings und Aktionen rund um den Frauenfussball statt. Ein Besuch lohnt sich!
Wie ich von dir erfahren habe, planst du nach deinem Bachelor in Betriebsökonomie einen Master anzuhängen. Gleichzeitig bleibt der Fussball weiterhin ein wichtiger Teil deines Lebens. Was erhoffst du dir für die Zukunft des Frauenfussballs – insbesondere im Hinblick auf die Women’s Euro 2025 hier in der Schweiz?
Ich wünsche mir vor allem, dass die Women’s Euro 2025 in der Schweiz mehr ist als nur ein grosses Turnier. Sie soll ein neues Bewusstsein schaffen für das Potenzial, das im Frauenfussball steckt, und für all die Menschen, die sich tagtäglich mit viel Engagement dafür einsetzen. Entscheidend wird sein, dass die Begeisterung rund um die EM auch nach dem Abpfiff spürbar bleibt, in Form von besseren Strukturen, mehr Sichtbarkeit und echter Wertschätzung auf allen Ebenen.
Denn der Frauenfussball ist längst da, und jetzt ist es an der Zeit, ihm überall den Platz zu geben, den er verdient.
Vielen Dank Lorena für die spannenden Einblicke. Viel Erfolg weiterhin auf und neben dem Platz!
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