Aktuell | 10. Mai 2022
Mädchen spielen mit Ponys und lieben Rosa, Jungs setzen auf schnelle Autos und bevorzugen die Farbe Blau – damit ist in Spanien per Ende Jahr Schluss. Ab 1. Dezember 2022 soll in Spanien ein Gesetz in Kraft treten, das Stereotypen aus der Werbung für Kinderspielzeug verbannt. Könnte ein solches Verbot auch in der Schweiz eingeführt werden? Wir haben bei Prof. Dr. Michael Grund, Leiter Departement Marketing & Business Communications HWZ, nachgefragt und über Gender-Marketing gesprochen.
Prof. Dr. Michael Grund
Michael, was ist Gender-Marketing?
Es ist ja ein Teilaspekt einer Marketingstrategie, dass sich Unternehmen Gedanken darüber machen (sollten), wer eigentlich die Produkte oder Dienstleistungen kaufen bzw. in Anspruch nehmen soll. In diesem Kontext könnten Zielgruppen genutzt werden, die sich z. B. nach Alter oder eben auch Geschlecht unterscheiden. Gender Marketing würde in diesem Sinne «nur» auf das Geschlecht fixiert sein – also klischeehaft: Die Bohrmaschine für die Männer, die Kosmetikprodukte für die Frauen.
Was ist das Ziel von Gender-Marketing?
Grundsätzlich will ein Unternehmen mit der Ansprache von Zielgruppen den Einsatz der Marketingmittel optimieren, Streuverluste vermeiden und möglichst auch Medien oder Kanäle für die Kommunikation wählen, die schwergewichtig von der entsprechenden Zielgruppe genutzt werden. Nur ist es eben etwas zu kurz gedacht, wenn die Erwartung zugrunde liegt, dass alle Männer und alle Frauen dasselbe wollen. Deshalb hat sich die Segmentierung in vielen Fällen ja auch von den klassischen soziodemographischen Kriterien verabschiedet. Der Freizeittyp «Abenteuer suchend» kann ebenso gut eine 23-jährige Frau sein wie ein 52-jähriger Mann.
Hinzu kommt, dass es auch noch die Marketing-Strategie «Gender-Pricing» gibt. So sind Produkte für Frauen meist teurer als solche für Männer. Woran liegt das?
Vieles hängt natürlich damit zusammen, wie ausgeprägt die Preisbereitschaft einer Gruppe von Menschen ist. In der Vergangenheit war es sicherlich so, dass Beauty-Produkte tatsächlich eher von Frauen gekauft wurden – und bei Männern gab es deutlich weniger Nachfrage. Der Markt war kleiner, die Auswahl eingeschränkt und die Zahlungsbereitschaft – wenn die Produkte überhaupt gekauft wurden – deutlich niedriger. Aber es ist natürlich schwer zu vermitteln, weshalb Waschen und Bügeln einer Damen-Bluse dreimal teurer sein soll als bei einem Herren-Hemd.
Das gefährliche an Gender-Marketing ist, dass sich Produkte oft ganz klassischen Klischees bedienen. Besonders schlimm ist es, wenn sich diese Produkte an Kinder richten, die dadurch relativ früh in eine Richtung gedrängt werden. Spanien hat deshalb erst kürzlich ein neues Gesetz eingeführt: Werbung für Spielzeug, das sich etwa auf Pflege, Hausarbeit oder Schönheit bezieht, darf sich nicht exklusiv an Mädchen richten und solche, die für Tatkraft, körperliche Aktivität oder Technik steht, nicht speziell an Jungen. Was hältst du davon?
Ich denke, es ist durchaus sinnvoll, wenn Spielzeug genderneutral produziert, verpackt und vermarktet wird – das hat Lego ja z. B. auch 2021 beschlossen. Warum soll ein Mädchen nicht mit einem Kran spielen und ein Junge nicht mit einem Pferdehof?
Wäre ein solches Verbot auch in der Schweiz denkbar? Und durchsetzbar?
Das Tabakwerbeverbot zum Schutz von Kindern und Jugendlichen wurde ja kürzlich angenommen. Ich denke aber nicht, dass die Schweizer Stimmbevölkerung bei jeder Abstimmung die Wirtschaftsfreiheit für immer mehr Produkte oder Lebensbereiche einschränken will.
Pinke Barbies für Mädchen, blaue Autos für Jungs – die Werbung für Spielzeuge setzt seit Jahren auf Stereotypen. In Spanien ist das bald verboten. Und in der Schweiz? Prof. Dr. Michael Grund geht in einem Beitrag auf «20 Minuten» darauf ein.
HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich Lagerstrasse 5, Postfach, 8021 Zürich kundencenter@fh-hwz.ch, +41 43 322 26 00
ImpressumDatenschutz