Campus | 22. Dezember 2022

Kaffeepause mit Eliane Gmünder

Sie ist seit über 11 Jahren selbstständig und hat als Gestalterin das Unternehmertum im Blut. Eliane Gmünder ist Studiengangsleiterin CAS Cyber Security, Compliance & RegTech HWZ und kommt erst in die Gänge wenn «Druck im Kessel» ist. In der Rio Bar sprachen wir über Regularien in der Finanzbranche, ihre unbändige Neugierde und das Privileg, in der Schweiz zu leben.

Kaffeepause Mit Eliane Gmüder   Web Header   2400x1200 Px

In unserer neuen Serie «Kaffeepause» trinken wir mit unseren Dozierenden und Studiengangsleitenden einen Kaffee oder Tee und erkunden die besten Plätze rund um die Europaallee, wo wir als HWZ zuhause sind. In dieser Ausgabe haben wir die im Sommer sehr beliebte Rio Bar gleich an der Sihl besucht. Bei einem Tee und Espresso wärmten wir uns auf und konnten in ruhiger Atmosphäre unterhalten. Zu Sommerzeiten ist die Rio Bar eine beliebte Wahl, um draussen einen Wein zu trinken und sich zu verköstigen. Im Winter eignet sich die Bar auch für ungestörte Treffen, da es doch um einiges ruhiger ist als im Sommer. 

In welchem Studiengang unterrichtest du an der HWZ?

Ich bin gemeinsam mit Ralph Hutter Co-Studiengangsleiterin des Studiengangs CAS Cyber Security, Compliance & RegTech an der HWZ. Im Studiengang unterrichte ich selber zu Compliance sowie AML (Anti Money Laundering) Themen und RegTech.

Was möchtest du den Studierenden mitgeben?

Als ich für die Studiengangsleitung angefragt wurde, dachte ich mir zuerst: Cyber Security, Compliance und RegTech in einem Studiengang? Passt das überhaupt zusammen? Je länger ich mich damit befasse, desto wichtiger finde ich, mehr interdisziplinäre Studiengänge zu entwickeln. Wenn man sich zu lange nur mit einem Thema beschäftigt, verkleinert sich der Horizont und man fokussiert vielleicht zu stark auf sein Spezialgebiet. Daher möchte ich den Studierenden mitgeben, interdisziplinär und «out of the box» zu denken. Und vielleicht entstehen sogar neue Möglichkeiten z. B. für einen Jobwechsel oder eine Businessidee?

An der HWZ gibt es mehrere Studiengänge im Bereich Compliance. Was unterscheidet euren CAS von den anderen?

Unser Studiengang eignet sich für Personen, die sich in der Breite weiterentwickeln wollen. Leute, die sagen: «Ich möchte ausserhalb meiner Komfortzone etwas dazulernen und meinen Blickwinkel öffnen.» Wir sprechen mit diesem Studiengang nicht spezifisch Compliance Officers, Auditors oder Cyberspezialisten an, sondern es nehmen auch Riskmanager, Frontverantwortliche oder Behördenmitarbeitende teil. Dadurch, dass die Teilnehmenden vor allem aus Senior Positionen kommen, profitieren sie gerade deswegen stark von der heterogenen Gruppe.

Ist das für die Dozierenden nicht extrem schwierig?

Das dachte ich am Anfang auch. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass die Seniorität der Teilnehmenden eine gemeinsame Basis darstellt und dadurch die Gruppe trotz unterschiedlichen beruflichen Hintergründen auf dem gleichen Niveau diskutieren kann. Den grössten Vorteil sehe ich darin, dass die Teilnehmenden extrem voneinander profitieren.

Mit was beschäftigst du dich, wenn du nicht als Studiengangsleiterin an der HWZ tätig bist?

Ich bin seit über 11 Jahren selbstständig. Einerseits leite ich mit meiner Geschäftspartnerin die Beratungsboutique LCR Services AG, in welcher wir Finanzdienstleiter in den Themen Legal, Compliance & Regulatory beraten. Zusätzlich habe ich vor einigen Jahren das RegTech Unternehmen IFINITY AG mitgegründet, welches «The Guide», ein digitales Weisungstool, entwickelt hat und damit Knowledge-as-a-Service zur Verfügung stellt.

Hattest du dieses Unternehmertum schon immer im Blut?

Ja, ich wollte schon immer selber etwas kreieren und entwickeln.

Mir ist aufgefallen, dass bei eurer Beratungsfirma LCR ausschliesslich Frauen arbeiten. Ein bewusster Entscheid?

Diese Frage wird mir oft gestellt und würde mich selbst interessieren (lacht). In juristischen Bereichen wie Compliance und Legal arbeiten tendenziell mehr Frauen als Männer. Ausserdem glaube ich, dass man im Banking trotz aller Unruhen immer noch das Gefühl hat, bei einem Finanzdienstleister seien die Positionen sicherer als bei einer kleinen Beratungsboutique wie unserer. Zudem habe ich den Eindruck, dass es Frauen als wichtiger empfinden, in einem tollen Team sowie flexibel zu arbeiten und darüber hinaus abwechslungsreiche Tätigkeiten in einem dynamischen Umfeld wahrnehmen zu können. Dinge wie Beförderungen, Ränge etc. sind oftmals zweitrangig und daher entschliessen sie sich vielleicht eher dazu, zu uns zu kommen. Es sind aber Bewerbungen von allen Geschlechtern herzlich willkommen.

Welche Herausforderungen hast du als Unternehmerin?

Ich starte mit den Privilegien: Ich sehe die ganze Wertschöpfungskette von der Kundenakquise, über die Umsetzung eines Projektes, dem Einsatz der Mitarbeitenden, den Ausgaben bis hin zum verdienten Franken. Und damit kommen auch die Herausforderungen, die insbesondere in der grossen Anzahl verschiedener Tätigkeiten liegen. Ich pflege zu sagen, ich bin «selbst und ständig», aber eigentlich laufe ich erst auf Hochtouren, wenn Druck im Kessel ist.

Als beruflich stark engagierte Person, hast du da noch Zeit für dich?

Ja, mir sind meine Familie und Freunde sehr wichtig. Ich bin kunstinteressiert, reise viel (wenn es geht…), mache Sport und bin gerne draussen in der Natur.

Welchen neuen Ort hast du in den letzten 12 Monaten entdeckt?

Ich hatte kürzlich einen 24-stündigen Stopover in Doha und war positiv überrascht. Es ist zwar eine absurde Welt à la Truman Show und obwohl ich gegenüber der Fussball-WM meine Bedenken hatte, war mein Gefühl nach dem Verlassen des Landes ein positives. Ich finde es gut, dass sich ein verschlossenes Land wie Qatar auf einen solchen Grossevent einlässt, wo die Augen der Welt hinschauen können.

In welchem Land möchtest du gerne eine Zeit lang leben?

USA nein, New York ja.

Für mich die beste Erfindung:

Beim Entwickeln unseres RegTech Tools habe ich mir diese Frage ebenfalls gestellt. Ich war schon früh von Tetrapack fasziniert. Ich mag Erfindungen, die einfach sind und wo man sich fragt, wieso hat das niemand vorher herausgefunden. Auf den faltbaren Velohelm warte ich allerdings immer noch.

Was ist dein «Guilty Pleasure»?

Fliegen … und ich habe sehr gerne Champagner :)

Was ist dein heimliches Talent?

Wahrscheinlich bin ich talentfrei, aber ich kann dafür viele Sachen recht gut. Talente, die im eigentlichen Sinne keine sind, kann ich verknüpfen, so dass es am Schluss als Talent gelten könnte. Vernetzen kann ich sehr gut und auch Ideen entwickeln. Nun fällt mir doch noch was ein: Schon vor Ottolenghi konnte ich exzellente Salat machen.

Als Kind wollte ich …

Pilotin werden.

Welchen Rat würdest du deinem 20-jährigen «Ich» geben?

Sei neugierig und stelle viele Fragen. Aber auch, höre auf dich selber und auf dein Bauchgefühl. Obwohl ich sehr analytisch bin, merke ich mit dem Älterwerden, dass das erste Gefühl sich meistens als das richtige herausstellt.

Wie feierst du deine Geburtstage?

Ich versuche immer, meine Geburtstage mit einer Reise zu verbinden.

Was kannst du überhaupt nicht?

Singen.

Wem hast du zuletzt ein Kompliment gemacht?

Am Wochenende schrieb ich Weihnachtskarten, ich habe ganz viele Komplimente verteilt.

Von wem hast du zuletzt ein Kompliment erhalten?

Von meinem «Gottemeitli». Ich war Überraschungsgast an ihrer Geburtstagsparty und sie fand mich wirklich die tollste Gotte auf Erden.

Was treibt dich an?

Neugier! Ich gehöre zu der Sorte Mensch, die intrinsisch motiviert ist und sehe immer etwas, das ich lernen, verbessern oder unterstützen kann. Ich bin ein Creator, eine Gestalterin, ich kann niemanden verantwortlich machen, wenn etwas in die Hose geht, daher habe ich mich auch früh für das Unternehmertum entschieden.

Gibt es politische Vorstösse, die du einbringen möchtest?

Obwohl ich nicht für ein bedingungsloses Grundeinkommen bin, müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie in Zukunft nicht oder schlecht entschädigte Arbeiten, die gesellschaftlich oder sozial einen hohen Stellenwert geniessen, abgegolten werden. Mir liegt das Thema am Herzen, weil wir gerade im Zeitalter der Digitalisierung einen Paradigmenwechsel erleben werden. Welchen Wert hat welche Arbeit?

Findest du, es braucht mehr Regularien im Digitalen Bereich?

Ich finde, es wurden bereits viele Dinge reguliert, bspw. im Geldwäschereibereich, bei den Finanzdienstleistungen sowie im Datenschutz. Ausserdem stehen grosse Regulierungsprojekt der EU wie z. B. «MiCA» vor der Türe, welche auch die Schweiz betreffen werden.

Die Regulierung ist in den letzten Jahren derart komplex geworden, dass es schwierig ist, den Durchblick zu behalten. Und ob diese Regulierung dann wirklich den Zweck erfüllt oder nur administrativen Aufwand generiert, wird oft in den Hintergrund gestellt oder bei der Ausarbeitung der Gesetze schlicht vergessen. Meiner Meinung nach sollten wir keine zusätzliche Komplexität generieren, sondern bestrebt sein, den Menschen besser abzuholen. Alle Gesetze nützen nichts, wenn sie niemand mehr versteht.

Was ist an eurem RegTech Tool speziell?

Wir bringen Content und Prozesse mit Technologie zusammen. Mit «The Guide» wollen wir den Usern eine verständliche und zuverlässige Basis bieten, damit sie ihre Entscheidungen selbstbewusst treffen können. Es geht somit um Empowerment und schliesslich um «embedded learning», da das Lernen durch die ansprechende und intuitive Informationsvermittlung sowie die tägliche Nutzung beginnt.

Wofür bist du dankbar?

Bei der aktuellen Weltlage ist mir einmal mehr sehr bewusst, wie privilegiert ich bin, in der Schweiz zu leben und hier ein sicheres Umfeld zu haben. Ich glaube, wir Schweizer dürfen sehr dankbar dafür sein, wo wir geboren sind und leben.

Was steht bei dir immer im Kühlschrank?

Ein Gläschen Kapern.

Kaffeepause Mit Eliane Gmünder