Forschung | 12. Februar 2021

Social Connecting in Zeiten von Social Distancing

Die virtuelle Zusammenarbeit ist Teil unseres Alltags geworden. Doch wie kann auf Distanz Empathie und Einbindung entstehen? Und wie können wir diese erzwungene Distanz minimieren? Die Vorstudie «Social Connecting», durchgeführt vom Center for Human Resources Management & Leadership und dem Institut für Strategisches Management: Stakeholder View, untersucht, welche Kriterien die virtuelle Zusammenarbeit erfolgreich gestalten. Wir haben mit Ramona Demasi und Silvan Oberholzer vom Autorenteam über «Social Connecting», Tipps für Führungskräfte und Mitarbeitende sowie über den Beyond Leadership Ansatz gesprochen.

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Ihr habt eine Studie über Social Connecting in Zeiten von Social Distancing durchgeführt. Wie ist es zu diesem Thema gekommen?
Die virtuelle Zusammenarbeit ist seit der Corona-Krise nicht vom Arbeitsalltag wegzudenken. Um die daraus resultierende erzwungene Distanz zwischen den Mitarbeitenden zu minimieren, haben Unternehmen begonnen, ein «Social Connecting» gezielt zu fördern. Das Ziel dieser Vorstudie war es, Erfolgskriterien für dieses «Social Connecting» im virtuellen Kontext herauszuarbeiten. Die Studie fand in Kooperation zwischen Matthias Mölleney (Leiter Center for Human Resources Management & Leadership) und Sybille Sachs (Leiterin Institut für Strategisches Management: Stakeholder View) statt.

Was ist für euch Social Connecting?
Unter Social Connecting verstehen wir einen Umgang geprägt von Empathie und Einbindung. Es geht dabei darum, die Einzigartigkeit jedes Einzelnen wertzuschätzen und sich gegenseitig auf persönlicher Ebene besser kennenzulernen. Ein erfolgreiches Social Connecting in einem virtuellen Setting ist die Basis für eine effektive und effiziente Zusammenarbeit.

Wichtig ist, dass wir das Social Connecting von einer rein Sympathie-basierten Verbindung unterscheiden. Menschen in einem Team, die sich gegenseitig sympathisch finden, haben in der Regel kein Problem, gute Verbindungen untereinander aufzunehmen und zu pflegen. Wenn es dadurch aber zu einer Gruppenbildung innerhalb eines Teams kommt – von einem inneren, Sympathie-getragenen Kreis und einem äusseren Kreis – kann es gerade in virtuellen Settings zu grossen Problemen kommen. Die Mitglieder der «äusseren Kreise» sind deutlich mehr gefährdet, in einer Home-Office Situation zu vereinsamen.

Welche 3 Tipps habt ihr für Führungskräfte, wie sie ihr Team «social connecten» können?
Sowohl im virtuellen wie im physischen Arbeitskontext soll Vertrauen anstatt Kontrolle im Mittelpunkt der Arbeitskultur stehen. Ein personenzentrierter Führungsstil ist dabei geeignet, um Mitarbeitende zu wertschätzen, sie aktiv zu Wort kommen zu lassen und auf ihr wirkliches Wohlbefinden einzugehen.

Zudem ist die bewusste Schaffung von vertraulichen Räumen im Arbeitsalltag zentral. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie ein Austausch auf persönlicher Ebene in (virtuellen) Kaffeepausen oder das bewusste Abfragen nach dem Wohlbefinden vor jedem Gespräch oder Meeting.

Schliesslich hat unsere Studie gezeigt, dass sich die Beyond Leadership Methode (siehe unten) für ein Social Connecting in Teams bewährt. Beyond Leadership kann Führungskräfte dabei unterstützen, Social Connecting bewusst in den Berufsalltag einzubauen und das «Wir» in den Vordergrund zu stellen.

Welche Voraussetzungen braucht Social Connecting im Kontext der virtuellen beruflichen Zusammenarbeit?
Erfolgreiches Social Connecting ist nur dann möglich, wenn ein offener, vertrauensvoller und wertschätzender Umgang auf gleicher Augenhöhe vorliegt. Offenheit bezieht sich dabei darauf, viel von seiner Person preiszugeben, unvoreingenommen in das Gespräch zu starten und ehrliches Feedback zuzulassen.

Wichtig ist zudem, dass im Gespräch ein klassischer «Small Talk» vermieden wird. Die Beyond Leadership Methode hilft hierbei, das Persönliche in den Fokus zu rücken, ohne über berufliche Themen sprechen zu müssen. Schliesslich geht es bei Social Connecting darum, neue Perspektiven des Gegenübers kennenzulernen und nicht über den Austausch des bevorstehenden Strategie-Meetings.

Im virtuellen Kontext spielt zusätzlich das Vorhandensein einer adäquaten technischen Infrastruktur (u.a. gute Tonqualität und Internetverbindung) eine Rolle, wobei das Einschalten der Kamera für Social Connecting bedeutend ist. Dadurch ist auch die non-verbale Kommunikation bis zu einem gewissen Grad möglich.

Welche Tipps habt ihr für Mitarbeitende, wenn sie sich isoliert fühlen im Homeoffice und sich der Kontakt oder die Zusammenarbeit schwierig gestaltet?
Von sich aus könnten Mitarbeitende, die sich isoliert fühlen, auf ihre Vorgesetzten zugehen und den Mut haben, aktiv Ideen zur Förderung von Social Connecting einzubringen. Man könnte aber auch die Vorgesetzten darauf hinweisen, dass es nicht ausreichend ist, darauf zu setzen, dass die Mitarbeitenden sich schon selber irgendwie miteinander «connecten». Das Social Connecting ist das richtige Instrument, denn es setzt nicht auf die Sympathie unter den Beteiligten, sondern darauf, dass sich alle Teammitglieder gut kennenlernen und vernetzen sollen. Der Kreativität sind hierbei keine Grenzen gesetzt. Da es in virtuellen Settings mehr Planung für Dinge braucht, die vor Ort oft spontan passieren, ist es aber wichtig, diese Ideen klar und frühzeitig zu kommunizieren und alle ins Boot zu holen.

Ihr habt den Beyond Leadership Ansatz einfliessen lassen, könnt ihr den Ansatz und seinen Einfluss auf die Studie kurz erklären?
Beyond Leadership ist eine Methode, die effiziente und effektive Zusammenarbeit fördert. Dabei ist die Einbindung aller Teilnehmenden durch einen/eine Moderator/in an einem Beyond Leadership Workshop oder einer Teamsitzung zentral. Aufbauend auf den gemeinsam herausgearbeiteten Wertvorstellungen, Vertrauen und Wertschätzung soll längerfristig eine nachhaltige Entwicklung der Unternehmenskultur erreicht werden, in der sowohl das «Ich» als auch das «Wir» im Mittelpunkt stehen.

In unserer Studie wurde die Beyond Leadership Methode erstmals systematisch im virtuellen Kontext angewandt. Wir stellten erfreulicherweise fest, dass sich die Teilnehmenden unserer Studie in kurzer Zeit besser kennenlernten, und zwar unabhängig davon, ob sie sich vorher sympathisch fanden oder nicht, sowie gleiche Ziele und Werte identifizieren konnten. Dies sind wichtige Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.