Aktuell | 11. Mai 2020
Bitcoin-Halving ist aktuell in aller Munde und am 11. Mai ist es soweit, die nächste Halving Runde steht an. Wir haben bei drei Experten nachgefragt, was Bitcoin-Halving genau bedeutet und welches Ziel dabei verfolgt wird.
Die drei HWZ Studiengangsleiter Rino Borini, CAS Digital Finance und CAS Digital Insurance, Patrick Comboeuf, CAS Fintech & Blockchain Economy, und Costantino Lanni, Leiter Center for Financial Studies, haben unsere Fragen beantwortet.
In den aktuellen Finanznews liest man viel über das Bitcoin-Halving. Könnt ihr aufklären, was damit gemeint ist?
Rino Borini: Die Weichen des Bitcoins werden neu gestellt. Im Bitcoin Whitepaper aus dem Jahr 2008 ist festgehalten, dass die maximale Anzahl der Bitcoins bei 21 Millionen liegen soll. Und “hergestellt” werden die Coins durch Mining-Aktivitäten. Die Miner validieren etwa alle zehn Minuten einen neuen Block mit Transaktionsdaten für die Bitcoin-Blockchain. Dazu müssen sie komplexe mathematische Algorithmen lösen und so wird das dezentrale Bitcoin-Netzwerk aufrechterhalten – und bei Erfolg winken den Minern frische Einheiten der Krypto-Währung, also ihre Belohnung für den Aufwand.
Was ist das Ziel vom Halving?
Rino Borini: Beim Halving halbiert sich die Belohnung der Miner für erfolgreich geschürfte Blöcke. Also wird nach dem Halving am 11. Mai das Schürfen von Blocks nur noch mit 6,25 Bitcoins belohnt, davor waren es zwölf. Für Miner wird es damit wirtschaftlich unattraktiver, einen Block zu schürfen. Es findet also eine Verknappung des Angebots statt, die einer Inflation vorbeugen soll. Die Inflationsrate des Bitcoin halbiert sich nun gerade, das in einer Zeit, in der die Volkswirtschaften rings um den Erdball massive Schulden aufbauen. Diese müssen irgendwann mal wieder runter.
Patrick Comboeuf: Am 11. Mai – beim Erreichen von Block 630’000 der Bitcoin-Blockchain – halbiert sich die bisherige Minor Belohnung. Bei den Minern dürfte dies zu einer Bereinigung führen: Ineffizientere Miner mit alten CPUs sowie hohen Stromkosten bleiben wohl als erste auf der Strecke. Für den Zahlungsverkehr kann das Halving zwischenzeitlich auch zu einer Verlangsamung bei der Validierung der Blöcke im Bitcoin-Netzwerk führen. Dies durfte aber nur ein temporäres Phänomen bleiben und sich in ein paar Wochen eingespielt haben.
Gibt es ein ähnliches Phänomen wie das Halving auch in anderen Anlageklassen? Falls ja in welchen?
Costantino Lanni: Möglich sind künstliche Angebotsverknappungen vor allem bei Rohstoffen. Bekannt sind in diesem Fall die OPEC Rohölfördermengen. Gekürzt wird, um die Preise künstlich hoch zu halten. Etwas anders sieht es bei Edelmetallen, z.B. beim Gold aus. Hier ist die Angebotsverknappung auf die begrenzte Verfügbarkeit zurückzuführen. Die bekannten Reserven dürften nur noch wenige Jahrzehnte reichen und der Abbau des Goldes erweist sich als immer komplexer und kostspieliger. Nachdem zu Beginn der 2000er Jahre die Notenbanken Goldreserven abgebaut haben, nimmt aber die Nachfragen nach dem Edelmetall seither wieder stetig zu. Der Trend zu tieferen Preisen ist nicht absehbar.
Costantino, du als langjähriger Anlageexperte, erachtest du Bitcoin als ernstzunehmende Anlageklasse?
Bitcoin ist angetreten um als Gegenentwurf zu den traditionellen Finanzassets zu fungieren. Aufgrund des begrenzten Angebots gilt Bitcoin für viele Anleger als das «digitale Gold». Doch ist die Volatilität ist deutlich höher als bei traditionellen Anlageklassen und bei Marktturbulenzen bringen sie keine zusätzliche Stabilität ins Portfolio. Während es bei Aktien und Anleihen aufgrund der langen Historie möglich ist, Einflussfaktoren auf die Kursbildung zu ermitteln ist dies bei Bitcoin noch nicht der Fall. Bitcoin & Co. sind immer noch ein Experiment, das es so noch nie gegeben hat. Keiner kann sagen, wie es ausgehen wird.
Sollte man also kurz nach dem Halving Bitcoin kaufen?
Rino Borini: Kaufen sollte man Bitcoin nur, wenn man Bitcoin & Co versteht, doch das ist nicht so schwierig :-). Leider habe ich – wie niemand auf unserem Planeten – eine Kristallkugel. Die Erfahrung vergangener Halvings zeigt, dass der Kurs erst später anstieg. Ich persönlich vermute, dass wir auf diesem Niveau bleiben oder sogar leicht tiefer. Aber im Verlaufe des Jahres vermute ich schon, dass wir steigende Kurse sehen werden und langfristig sowieso, aber immer verbunden mit starken Schwankungen.
Patrick Comboeuf: Historisch gesehen, haben sich die Preise in den Tagen kurz nach den jeweiligen Halvings nicht signifikant bewegt. Langfristig stieg der Preis aber tatsächlich an. Beide bisherigen Halvings standen ziemlich genau in der Mitte eines Bullruns (eine Phase in der der Wert eines Vermögenswertes immer weiter zunimmt), der in beiden Fällen ungefähr zwei Jahre dauerte. Bis jetzt verhält sich der Preis eines Bitcoins tatsächlich recht «Halving»-typisch. Ob nun ein guter Zeitpunkt ist, Bitcoins zu kaufen, ist sehr individuell. «Wissen» tut niemand. Es steht für mich persönlich jedoch ausser Frage, dass allein aus Diversifikationsgründen die Mutter aller Kryptowährungen irgendwann in ein ausgewogenes Portfolio gehört.
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