Campus | 22. August 2023

Kaffeepause mit Céline Fontanive

Bewegung ist ihr Lebensprinzip. Ihr Unterricht in einem Wort: Dialog. Zum Ende der Sommerferien trafen wir Céline Fontanive, Leadership-Dozentin im Bachelor Business Communications HWZ, zu einem Kaffee und unterhielten uns über die Bedeutung von Visionen und wie gute Selbstführung hilft, diese zu verwirklichen.

In unserer Serie «Kaffeepause» trinken wir mit unseren Dozierenden und Studiengangsleitenden einen Kaffee oder Tee und erkunden die besten Plätze rund um die Europaallee, wo wir als HWZ zu Hause sind. In dieser Kaffeepause waren wir im Steiner Flughafebeck an der Lagerstrasse und haben um 10 Uhr einen Kaffee genossen. Eine grosse Theke und breite Auswahl an kaltem und warmen Essen lädt sowohl für eine Zwischenmahlzeit als auch zum Mittagessen ein. Auch zum Arbeiten ist die Location ruhig und freundlich.

Céline, schön dich zu treffen. Welches Fach unterrichtest du an der HWZ?

Ich unterrichte zurzeit das Fach Leadership im BBC (Bachelor Business Communications HWZ) und nächstes Jahr unterrichte ich das Gleiche auch im Bachelor Betriebsökonomie.

Welche Themen behandelst du mit den Studierenden?

Wir schauen sämtliche Führungsthemen an. Vor allem, welche neuen Führungsstile es im Kontext von agiler Zusammenarbeit gibt, welche Führungstheorien dahinter stehen und dann auch, als grosses Thema, die Selbstführung. Dabei geht es vor allem darum, sich selbst kennenzulernen und sich selbst führen zu können.

Das ist eines der Grundprinzipien von Leadership. Es fängt bei einem selbst an.

Auch bei den Führungskräften, die ich in diesem Bereich berate, beobachte ich oft, dass das Thema Selbstführung immer wieder eine grosse Herausforderung darstellt. Deswegen macht es aus meiner Sicht sehr viel Sinn, dass man sich gleich am Anfang der Ausbildung damit auseinandersetzt. Und vermutlich haben wir beim Thema Selbstführung alle auch nie ausgelernt.

Kann man Leute führen, wenn man sich selbst nicht führen kann?

Nein, ich glaube nicht. Man muss sich wirklich selber gut kennen und sich seiner eigenen Handlungen und deren Auswirkungen auf andere sehr bewusst sein. Das ist das Fundament. Deshalb legen wir im Fach Leadership auch sehr viel Wert auf die persönliche Entwicklungsreise der Studierenden. Viele sind ja noch jünger und vielleicht erst in der Phase, wo es erst mal darum geht, was will ich überhaupt? Auch haben die Meisten noch nicht so viele Berührungspunkte mit dem Thema Leadership gehabt oder selbst Menschen geführt. Aber ich glaube auch, dass Führung nichts mit dem Alter, der Rolle oder der Position zu tun hat, sondern mehr eine Haltung und eine Lebensweise ist, die alle an den Tag legen können.

Ist es das, was dir am wichtigsten ist, den Studierenden mitzugeben?

Ja, womöglich genau das. Führung ist eine Haltung und keine Rolle, keine Position, kein Status und auch kein Diplom. Führung bezieht sich immer auf das eigene Handeln. Das heisst, indem wir Verantwortung übernehmen für das, was wir tun oder auch nicht tun, leiten wir uns selbst und andere.

Führung hat auch viel mit Werten zu tun. Zu diesen Werten zu stehen und sie zu leben.

Im Unternehmenskontext beobachte ich oft, dass man beispielsweise die Führungskommunikation intern verbessern möchte. Dann gibt es viele Meetings und Gespräche und man spricht über Werte und in den grossen Firmen werden dann Plakate und Wände geschmückt mit wichtigen Sprüchen. Das nützt aber alles nichts, wenn die Führungskräfte nicht nach diesen Werten handeln, sie leben und diese weitertragen, damit auch ein Junior diese Werte mitbekommt und mit ihnen arbeitet. «Walk the talk», sage ich nur. 

Was ist dir wichtiger: Theorie oder Praxis?

Praxis. Wir haben sehr viele Theorien im Leadership-Bereich und es gibt auch viele, die wirklich gut sind. Aber am Schluss geht es immer um die Umsetzung.

Warum unterrichtest du und was gibt es dir zurück?

Der Einblick in die Denkweise von jungen Leuten gibt mir viel Wissen und Verständnis für die Anliegen der jüngeren Generation.

Ich war 13 Jahre in einer Big Four Company und bin eher in klassischen Unternehmensstrukturen gross geworden. Irgendwann hat sich jedoch bei mir ein grosses Interesse für neue Organisationsformen und Führungsstile entwickelt. Ich hatte das Bedürfnis, etwas in diesem Bereich zu bewegen und mit Führungskräften zusammenzuarbeiten, die sich ebenfalls sehr stark mit der Weiterentwicklung ihrer Organisation und ihres Führungsstils beschäftigten. Und als ich dann die Firma verliess, hat sich dann nebst der klassischen Führungskommunikation das Thema der generationsübergreifenden Zusammenarbeit im Kontext neuer Arbeitsformen und Führungsstile immer mehr herauskristallisiert.

An der HWZ habe ich diese Berührung mit der jüngeren Generation und ihrem Denken und kann da viel von ihnen lernen. Da ich sonst eher mit der Denkweise von C-Level Personen im fortgeschrittenen Alter zu tun habe, ist dieser Austausch sehr wertvoll. Für mich ist es wichtig, dass ich aus eigener Erfahrung weiss, wie jemand tickt. Ich sitze sozusagen dazwischen und sehe meine Aufgabe auch darin, zwischen den Generationen zu vermitteln und zu übersetzen. 

Dein Unterricht in einem Wort?

Dialog.

Was machst du neben deiner Tätigkeit an der HWZ?

Auf der einen Seite habe ich meine eigene Beratungsfirma «Nextgen Leadership». Dort befasse ich mich, auch als Coach, mit Führungsfragen sowie mit interner Kommunikation und Führungskommunikation, Organisationsentwicklung oder Teamentwicklung. Daneben habe ich drei Töchter. Die Zwillinge sind neun und die Dritte ist fünf Jahre alt. Und dann bin ich noch sehr aktiv im Triathlon.

Davon habe ich gehört. Wie kriegst du alles unter einen Hut?

Priorisierung ist das Zauberwort. An erster Stelle steht immer meine Familie. Aber es gibt auch bei der Arbeit Termine, die einfach fix sind. Um diese herum, versuche ich alles andere zu organisieren. Was das Training angeht, so bin ich sehr frei. Ich habe keine fixen Trainingszeiten und bin in keinem Club. Die Zeit, die mir bleibt, nutze ich, um zu trainieren.

Hwz Kaffeepause Celinefontanive Triathlon 1

Céline unterwegs in ihrer Lieblingsdisziplin des Triathlons – das Velorennen.

Beim Triathlon bist du zwar alleine unterwegs, aber gibt es trotzdem Gemeinsamkeiten von Triathlon und Leadership?

Ich denke schon. Sowohl beim Triathlon als auch bei Leadership geht es sehr stark um Visionen und das Erreichen von Zielen. Auch bei einer Unternehmensvision stellst du dir meistens etwas vor, was zu Beginn eher ausserhalb deiner Vorstellungskraft liegt. Beim Ironman Triathlon ist es ähnlich.

Eine Vision ist ja sehr hochgesteckt und gibt mehr eine Stossrichtung vor. Ob du die Vision «ins Ziel kommen» überhaupt erreichst, ist gerade beim ersten Ironman sehr unsicher. Du lernst jedoch dabei, dass du deinem Ziel näher kommst, wenn du einen Schritt nach dem anderen machst. Das gilt auch für Unternehmen, wenn es um das Erreichen von Zielen geht.

Du kannst eine Vision nicht von einem Tag auf den anderen erreichen, du musst dafür arbeiten und sie dir auch ein Stück weit «verdienen».

Ausserdem geht es beim Ironman auch immer darum, zu beenden, was man begonnen hat. Und bei jedem Rennen treten verschiedene Krisen auf. Nur mit einem starken Fokus auf das Ziel, sind diese Krisen zu überwinden. Auch da sehe ich eine starke Relation zu Leadership. Wenn klar ist, wofür das Unternehmen steht und was es erreichen möchte, wird es auch in Krisen immer wieder neue Wege finden, um dem gesetzten Ziel einen Schritt näherzukommen.

Eine meiner persönlichen Visionen war viele Jahre, dass ich einmal beim Ironman Hawaii starten kann. Dieses Jahr im Oktober ist es nun so weit. Jetzt muss ich nur noch ins Ziel kommen.

Hwz Kaffeepause Celinefontanive Triathlon 2

Zieleinlauf beim Ironman in Tallinn

Kommen wir zu ein paar kürzeren Fragen. Die beste Erfindung für dich …

... klassisch, das Rad. Ich fahre sehr gern Velo. Ist auch meine Lieblingsdisziplin im Triathlon.

Hast du ein Guilty Pleasure?

Da habe ich sogar mehrere (lacht). Kaffee, Cola Zero, am Abend schaue ich zu lange Netflix. Und Bücher beginne ich tendenziell viel zu viele, die ich dann aus Zeitgründen ewig nicht fertig lese. Ich habe aktuell vermutlich ungefähr zehn Bücher angefangen, aber noch keines davon zu Ende gelesen.

Hast du ein heimliches Talent, von dem viele nichts wissen?

Ein Talent ist es vielleicht nicht, aber was viele nicht wissen ist, dass ich Klavier spiele. Mein Grossvater war Klavierbauer und da habe ich das Klavierspielen von klein auf mitbekommen.

Als Kind wollte ich …

... wirklich die Welt verbessern. Ich war immer sehr idealistisch unterwegs. Beruflich sollte es einfach etwas mit Tieren werden. Zuerst Bäuerin und dann Tierärztin oder Pferdeflüsterin.

Welchen Rat würdest du deinem zwanzigjährigen Ich geben?

Es kommt alles gut. Don’t worry. Vertraue Dir selbst.

Feierst du deine Geburtstage, wenn ja, wie?

Ja, mit meiner Familie. Es ist immer sehr schön. Die Kinder lieben es Geburtstage zu feiern und ich habe wohl noch nie so viele Karten und Zeichnungen erhalten wie in den letzten paar Jahren.

Mit welchen fünf Personen würdest du gerne Abendessen wollen?

Max Frisch, Barack Obama, Daniela Ryf, Bono und Brené Brown.

Was treibt dich an, was ist dein Lebensprinzip?

Es ist Bewegung auf allen Ebenen. Im Sport natürlich, aber auch die Entwicklung von Menschen und Organisationen. Ich begleite ja auch oft junge Personen über sechs Semester und es ist sehr beeindruckend, den Entwicklungsprozess zu sehen. Und im Coaching ist es sehr schön zu erleben, wenn man sieht, wie sich jemand bewegt und in eine positive Richtung verändert. Es muss halt einfach immer weitergehen.

Wofür bist du dankbar?

Für meine Familie – meine Kinder und meinen Mann. Für das ganze Leben, das ich habe. Wir sind so unglaublich privilegiert hier in der Schweiz und wir haben eigentlich keinen Grund, uns zu beklagen. Das versuche ich immer wieder bewusst zu leben und meinen Kindern mitzugeben. Ich bin sehr dankbar, dass ich hier sein darf.

Was steht bei dir immer im Kühlschrank?

Cola-Zero und je nachdem auch eine Flasche Champagner.

Was würdest du an der HWZ gerne einführen?

Ich würde nicht unbedingt mehr einführen, sondern eher abschaffen (lacht). Ich würde zum Beispiel gerne ohne Anwesenheitsliste unterrichten können. Denn natürlich wünsche ich mir, dass alle, die an der HWZ studieren, dies aus grossem Interesse an der Sache tun. Dass sie wirklich für sich selbst lernen wollen, um etwas zu verstehen und anwenden zu können und nicht, um ein Diplom vorzuweisen. Aber natürlich ist das System, unser Arbeitsmarkt, unsere Gesellschaft darauf aufgebaut. Deshalb weiss ich auch, dass das ein bisschen idealistisch ist.

Hwz Kaffeepause Steiner Flughafebeck

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