Aktuell | 17. August 2023
Es braucht Mut, einen sicheren Job aufzugeben und für einen befristeten Armeeeinsatz ins Ausland zu gehen. Xhetare Rexhaj, Absolventin CAS Corporate Communications HWZ, hat es gewagt. Seit einigen Monaten ist sie als Presse- und Informationsoffizierin für die SWISSCOY im Kosovo stationiert. Ein Gespräch über den Reiz des Unbekannten, ihre Rolle in der Armee und die Zeit nach ihrem Einsatz.
Xhetare, ein Blick auf deinen Lebenslauf zeigt, dass vieles möglich ist, wenn man nur will. Du hast nach dem Realschulabschluss eine Lehre als Detailhandelsfachfrau gemacht und einige Jahre später bei der Post den Quereinstieg in die Kommunikation gefunden. Wie kam es dazu?
Man braucht Wille, Disziplin, Ziele und Mut. Ich habe nach meiner Lehre relativ schnell gemerkt, dass ich meine Zukunft nicht im Detailhandel sehe. Ich wollte mehr und hatte auch das Selbstvertrauen, dass ich viel mehr kann. Also habe ich mich entschieden, ein Auslandsjahr in Amerika zu machen. Aus einem Jahr wurden dann zwei. Ich war damals 21 Jahre alt und ganz auf mich allein gestellt. Es war eine Horizonterweiterung und eine sehr wichtige Zeit in meinem Leben.
Nach meiner Rückkehr begann ich neben meinem 100-Prozent-Job als Teamleiterin am Postschalter eine Weiterbildung im Bereich Marketing. Dass mein Wechsel in die Kommunikation schliesslich klappte, war eine Mischung aus Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort und Mut.
Bei der Eröffnung der neuen Sihlpost, die wir mit vielen Prominenten gefeiert haben, war ich mittendrin und hatte alle Fäden in der Hand. Als ich hörte, dass die damalige Kommunikationschefin der Post auch vor Ort war, habe ich es mir nicht nehmen lassen, auf sie zuzugehen und ihr zu sagen, dass ich gerne in der Kommunikation arbeiten würde. Da ich ihr an diesem Anlass sehr positiv aufgefallen bin und wir auch im Gespräch gemerkt haben, dass es passt, hat sie alles daran gesetzt, mich nach Bern ins Kommunikationsteam zu holen. So bekam ich den ersten Job in der Kommunikation, musste mich jedoch zu Beginn auch beweisen. Deshalb war ich am Anfang nur temporär angestellt. In meinem Team waren viele erfahrene Kommunikationsprofis, die einen Bachelor- oder Masterabschluss hatten. Das hat mich enorm angespornt, motiviert und vor allem inspiriert. Klar, kämpfte ich ab und zu auch mit Zweifel und Unsicherheiten.
Dann ging es Schlag auf Schlag und ich wurde fest angestellt. Ich begann als PR-Mitarbeiterin, wurde dann zur Kommunikationsspezialistin befördert, begann berufsbegleitend mein Studium zur Betriebswirtschafterin, durfte zusätzlich Events bei der Post moderieren und war anschliessend bis Ende 2022 als Projektleiterin & Konzepterin tätig.
Du erwähnst es: Bis Ende 2022 warst du bei der Post als Projektleiterin & Konzepterin tätig. Anfang dieses Jahres kam der Wechsel: Im Januar hast du die militärische Grund- und Fachausbildung für Quereinsteiger:innen absolviert. Eine grosse Veränderung. Warum hast du dich für eine Armeekarriere entschieden?
Ich durfte in den acht Jahren bei der Post viel lernen und verschiedene Funktionen durchlaufen. Ich bin gewachsen und vor allem sicherer geworden in meinem Beruf und in dem, was ich tue. Die Post ist ein sehr innovatives und modernes Unternehmen und eine Arbeitgeberin, bei der man gerne arbeitet. Trotzdem war es Zeit für eine Veränderung. Es war mir aber wichtig, meinen sicheren Arbeitsplatz bei der Post nicht für eine gleichwertige Stelle aufzugeben. Zudem wollte ich meine Komfortzone verlassen. So bin ich auf die Stelle als Presse- und Informationsoffizierin der Schweizer Armee gestossen. Mein Bauchgefühl hat mir relativ schnell gesagt, dass ich das machen soll und so habe ich mich, ohne lange zu überlegen, beworben. Der Entscheid, die Post zu verlassen, ist mir nicht leicht gefallen. Aber manchmal muss man etwas Sicheres aufgeben, um eine neue Erfahrung zu machen.
Und so kommt es, dass du seit drei Monaten als Presse- und Informationsoffizierin für die SWISSCOY im Rahmen der friedensfördernden Mission Kosovo (KFOR) der Nato in Pristina stationiert bist. Was hat dich an dieser Stelle besonders gereizt?
Mir war lange nicht bewusst, in welchem Rahmen sich die Schweizer Armee in der Friedensförderung engagiert. Was mich reizte, war die Tatsache, dass es sich um eine Stelle in einem ganz anderen Umfeld handelte: eine Kommunikationsstelle in der Armee. Mit der Armee hatte ich bis dahin wenig Berührungspunkte, ausser dass mein Bruder vor einigen Jahren die Rekrutenschule (RS) absolviert hatte. Neben der Tatsache, dass es ein neues Umfeld war, war es auch der Standort Kosovo bzw. die zusätzliche Auslandserfahrung, die ich dadurch sammeln konnte. Dass ich zudem die militärische Grundausbildung vorgängig absolvieren konnte, hat mich ebenfalls gereizt. Das ist etwas Einmaliges. Hätte ich es jetzt nicht gemacht, hätte ich es wahrscheinlich nie gemacht.
Wie sieht dein Alltag im Kosovo aus? Was sind deine Aufgaben und welche Verantwortung trägst du in deiner Funktion?
Kein Tag ist wie der andere. Montag und Dienstag sind meine festen Bürotage, an denen haben wir einige Telefonate und fixe Deadlines für das Mitarbeitendenmagazin. Meistens arbeite ich sechs Tage die Woche, manchmal habe ich auch eine Sieben-Tage-Woche. Ich bin zuständig für die Medienarbeit, betreue Medienbesuche im Einsatzraum, begleite offizielle Medienbesuche (z. B. von Vertreterinnen und Vertretern der Armeeführung oder Politikern), schreibe Reden und bin verantwortlich für das Mitarbeitendenmagazin, das wöchentlich erscheint. Ich habe einen Mitarbeiter, der auch mein Stellvertreter ist. Er ist hauptsächlich für Fotos und Bewegtbild zuständig und unterstützt mich beim Mitarbeitendenmagazin sowie im Tagesgeschäft. Es kommt aber auch immer wieder vor, dass ich selbst zur Kamera greife und fotografiere. Während meines Einsatzes bin ich für den Auftritt der SWISSCOY nach aussen verantwortlich. Ich berate den nationalen Kontingentskommandanten in allen Kommunikationsfragen und stehe dem ganzen Kontingent beratend zur Seite. Das ist auch für mich eine neue Erfahrung, in einem Grossbetrieb wie der Post gibt es längere Prozess- und Freigabewege, hier ist das etwas anders und die Verantwortung ist zum Teil auch grösser.
Die Situation im Kosovo ist momentan schwierig und komplex. Wie nimmst du die Situation wahr auch in Bezug auf die KFOR-Mission und die Bevölkerung?
Für mich persönlich zeigt die Situation, dass wir gebraucht werden, damit der Konflikt nicht auf das ganze Land übergreift. Ich bin in Pristina stationiert und nehme die Stadt als lebendig und fröhlich wahr. Es gibt viele junge Menschen in der Stadt. Der Kosovo braucht Stabilität, das ist wichtig für ganz Europa. Die SWISSCOY ist im Land willkommen, man freut sich, dass wir da sind. Das erlebe ich immer wieder, wenn ich Leute treffe, sie bedanken sich und sind sehr herzlich. Solche Situationen sind etwas Besonderes und zeigen mir persönlich auch, dass es die richtige Entscheidung war, diesen Einsatz zu leisten.
Du hast es vorher kurz erwähnt: Vor rund einem Jahr hast du den CAS Corporate Communications HWZ abgeschlossen. Inwiefern hilft dir das Gelernte aus dem Unterricht bei der Bewältigung deiner Aufgaben?
Das CAS hat mir das entsprechende Rüstzeug vermittelt. Konzeptionell, die richtigen Kommunikationsinstrumente gezielt einsetzen, Kommunikationsbedürfnisse noch besser erkennen oder der Umgang mit Journalisten. Der CAS war sehr praxisorientiert, mit der nötigen Portion Theorie und Übungen. Das Modul «Medienarbeit» fand ich sehr spannend. Ich hatte bisher wenig direkte Erfahrung in der Medienarbeit. Die verschiedenen Medieninstrumente oder Beispiele von Statements und Interviews waren wertvoll. Eine Übung ist mir in Erinnerung geblieben: Wir haben eine Medienkonferenz nachgestellt und die Learnings daraus waren super. Da ich nun selber Journalist:innen vor Ort betreue und auch Anfragen beantworte, kann ich oft auf das Gelernte in diesem Modul zurückgreifen.
Welche kommunikativen Fähigkeiten sind deiner Meinung nach in deiner jetzigen Funktion wirklich zentral? Was braucht es, um den Einsatz im Kosovo zu meistern?
Flexibilität und Belastbarkeit. Zudem sind interkulturelle kommunikative Kompetenzen sehr wichtig. Es ist wichtig, situationsgerecht zu handeln und entsprechend zu kommunizieren. Sei es in Form von Texten, vor Publikum sprechen, Interviews geben, auf «heikle» Fragen eingehen können, gut zuhören und immer einen Schritt voraus sein. In dieser Funktion geht es darum, die Klaviatur der Kommunikation zu beherrschen. Ich bin sehr froh, in dieser Funktion zu sein, denn ich lerne viel, vor allem im Umgang mit den Medien.
Dein befristeter Einsatz in Pristina endet im Oktober. Was sind deine Pläne für die Zukunft?
Ich nehme mir ein oder zwei Monate frei. Ich plane, im Dezember oder Januar wieder zu arbeiten, dafür bin ich bereits im Gespräch für eine Stelle im öffentlichen Dienst. Ich moderiere gerne Geschäftsanlässe und möchte das in Zukunft vermehrt auf selbständiger Basis neben meiner Arbeit machen. Zudem beginne ich im nächsten Jahr mit dem zweiten CAS auf dem Weg zum MAS in Business Communications HWZ. Es wird mir also nicht langweilig und ich freue mich sehr auf die Zukunft – und alles, was sie mit sich bringt.
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