Event | 20. September 2024

Nachhaltigkeit als Kernstrategie: So sehen Expert:innen die Zukunft der Markenführung

Am 18. September 2024 fand der 6. INSPIRE! Markenführungstalk an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich statt. Thema war die Nachhaltigkeit in der Markenführung. Zwei renommierte Expertinnen und Experten – Pascal Bieri, Mitgründer von Planted, und Friederike von Waldenfels, Expertin für E-Commerce und Nachhaltigkeit – haben dabei ihre wertvollen Einsichten geteilt. Durch den Abend führte Dr. Stephan Feige, Leiter der Fachstelle Authentische Markenführung an der HWZ, der den Diskurs um das spannende Thema leitete.

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Nachhaltigkeit in der Markenführung: Vom Randthema zum Kernbestandteil

Der Talk begann mit der zentralen Frage: Wie können privatwirtschaftliche Unternehmen Nachhaltigkeit erfolgreich in ihre Markenstrategie integrieren und dabei eine glaubwürdige und authentische Kommunikation gewährleisten? Schnell wurde klar, dass Nachhaltigkeit längst kein Randthema mehr ist, sondern von Konsumentinnen und Konsumenten zunehmend erwartet wird. Unternehmen, die sich als zukunftsfähig positionieren wollen, müssen heute beweisen, dass ihre Produkte nicht nur qualitativ hochwertig sind, sondern auch ökologische Verantwortung übernehmen. Doch was bedeutet dies konkret? Wie sieht eine erfolgreiche Implementierung in der Praxis aus? Diese Fragen führten zu aufschlussreichen Dialogen über die Herausforderungen und Chancen, die sich bei der Integration von Nachhaltigkeit in die Markenführung ergeben.

Friederike von Waldenfels: Die Verbindung von Nachhaltigkeit und E-Commerce

Friederike von Waldenfels, Mitgründerin und ehemalige Geschäftsführerin von SwissCommerce, sowie Host des Podcasts SustainNOW, brachte ihre tiefgreifenden Erfahrungen aus der E-Commerce-Welt in die Diskussion ein. Sie legte den Fokus auf die wirtschaftliche Integration von Nachhaltigkeit in Unternehmen und erklärte, dass «Green Retail» heute zum neuen Standard und Businessmodell werden muss. Sie betonte, dass das Bedürfnis der Kundinnen und Kunden nach nachhaltigen Produkten nicht mehr auf Luxus beschränkt sein darf. Nachhaltigkeit müsse für den breiten Markt zugänglich sein, andernfalls bliebe sie eine leere Floskel.

Nachhaltigkeit mit hohen Preisen und ohne Service hat keine Chance.
Friederike von Waldenfels

Besonders im E-Commerce sei dies relevant, da die Kundinnen und Kunden zunehmend online nach Informationen über Produkte und ihre Herstellung suchen.

Von Waldenfels unterstrich, dass Transparenz und Glaubwürdigkeit in der digitalen Markenkommunikation unerlässlich sind, um das Vertrauen der Kundschaft zu gewinnen. Sie hob hervor, dass gerade im Onlinehandel Konsumentinnen und Konsumenten zunehmend verlangen, genau zu erfahren, woher Produkte stammen und wie sie produziert werden. «Marken müssen sich hier durch Ehrlichkeit und Authentizität profilieren», sagte sie. Unternehmen, die sich transparent und klar über ihre nachhaltigen Initiativen äussern, können langfristige Kundenbindungen schaffen und ihre Glaubwürdigkeit festigen.

Friederike von Waldenfels

Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Ausführungen war die Rolle von Unternehmen als «Vorreiter in der nachhaltigen Transformation.» Sie erklärte: «Marken, die sich länger am Markt halten wollen, müssen die nachhaltigen Erwartungen ihrer Zielgruppen erfüllen. Nachhaltigkeit darf kein Add-on mehr sein, sondern muss tief in der Markenstrategie verankert werden.» Der E-Commerce bietet hier laut von Waldenfels grosse Chancen, denn durch die digitale Kommunikation können Unternehmen ihre nachhaltigen Werte direkt an die Kundschaft transportieren und so eine starke Verbindung aufbauen. 

Pascal Bieri: Planted und die Zukunft der Lebensmittelindustrie

Pascal Bieri, Mitgründer des erfolgreichen Schweizer Start-ups Planted, gewährte einen authentischen Einblick in die Entstehung und Entwicklung seines Unternehmens. Planted hat es sich zur Aufgabe gemacht, pflanzliche Fleischalternativen zu entwickeln, die nicht nur umweltfreundlich, sondern auch geschmacklich und von der Konsistenz her überzeugend sind.  «Unser Ziel ist es, pflanzliche Proteine so schmackhaft zu machen, dass auch Fleischliebhaberinnen und -liebhaber davon begeistert sind», erklärte Bieri. Die Erfolgsgeschichte von Planted begann 2019 und zeigt, wie innovative Unternehmen durch ihre klare Vision und ihr Engagement für Nachhaltigkeit die Lebensmittelindustrie revolutionieren können.

Pascal Bieri

Gemeinsam mit seinem Cousin Lukas Böni, der einen Doktor in Lebensmittelverfahrenstechnik an der ETH Zürich absolvierte, und den Experten Eric Stirnemann und Christoph Jenny, entwickelte Pascal Bieri eine neuartige Methode zur Herstellung von pflanzlichem Fleisch. Diese Produktinnovation fand schnell ihren Weg in Supermärkte und sogar in die gehobene Gastronomie. Mittlerweile beliefert Planted über 4.000 Restaurants in der Schweiz und hat über 200 Mitarbeitende in sieben Ländern.

Im Gespräch mit Feige betonte Bieri, dass Nachhaltigkeit in der Lebensmittelindustrie besonders im Hinblick auf die Ressourcenverschwendung und den CO₂-Ausstoss von Fleisch eine dringende Notwendigkeit darstellt. Planted setzt deshalb bewusst auf lokale und natürliche Zutaten, um den ökologischen Fussabdruck so klein wie möglich zu halten.

Qualität, Preis, kluge Skalierung und natürliche Zutaten sind die drei Säulen, die unser Produkt ausmachen.
Pascal Bieri

Diese Werte treffen den Nerv einer immer bewussteren Konsumentenschaft, die nicht nur auf Geschmack, sondern auch auf die Umweltverträglichkeit der Produkte achtet.

Bieri betonte die sensible Balance zwischen Genuss und Verantwortung. Markenführung in Zeiten des Wandels bedeute für ihn, den Kundinnen und Kunden zu zeigen, dass Nachhaltigkeit kein Verzicht sei, sondern ein Gewinn. «Wenn wir es schaffen, Nachhaltigkeit so zu kommunizieren, dass die Menschen sie als positiven Mehrwert empfinden, haben wir viel erreicht», so Bieri. Er kündigte ausserdem die bevorstehende Expansion von Planted nach Bayern an, wo ein neuer Produktionsstandort aufgebaut wird. 

Die Diskussion: Marken als Treiber nachhaltiger Transformation

Unter der Moderation von Dr. Stephan Feige fand nach den Vorträgen eine lebhafte Diskussion statt, in der die Referierenden und das Publikum vertieft über die Rolle der Markenführung im Wandel sprachen. Die Diskussion drehte sich um die Frage, wie Unternehmen ihre Markenkommunikation so gestalten können, dass nachhaltiger Konsum zur alltäglichen Selbstverständlichkeit wird. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sich einig: Nachhaltigkeit ist keine Nische mehr, sondern im Massenmarkt angekommen. Dies zwingt Unternehmen, ihre Strategien neu zu denken und die Erwartungen der Konsumentinnen und Konsumenten ernst zu nehmen. Kundinnen und Kunden erwarten nicht nur Produkte, die ökologisch verantwortungsvoll hergestellt werden, sondern auch eine klare und transparente Kommunikation darüber, welche Massnahmen eine Marke im Interesse unseres Planeten ergreift. Gleichzeitig wurde vor der Gefahr des «Greenwashing» gewarnt: Unternehmen, die Nachhaltigkeit nur als Marketingstrategie nutzen, ohne dies glaubhaft und umfassend zu leben, werden auf lange Sicht nicht erfolgreich sein.

Nach den intensiven Diskussionen lud die HWZ zu einem Apéro ein, bei dem sich die Teilnehmenden – darunter zahlreiche Alumni, Studierende und Marketing-Profis – weiter austauschen konnten. 

Impulse für eine nachhaltige Markenführung der Zukunft 

Der 6. INSPIRE! Talk der HWZ bot allen Teilnehmenden wertvolle Einblicke in die Herausforderungen und Chancen der nachhaltigen Markenführung. Pascal Bieri und Friederike von Waldenfels demonstrierten eindrucksvoll, wie Unternehmen durch authentische Kommunikation, transparente Werte und innovative Geschäftsmodelle wirtschaftlichen Erfolg und ökologische Verantwortung miteinander verbinden können. Die Diskussion zeigte, dass Nachhaltigkeit in der Markenführung kein kurzfristiger Trend ist, sondern ein langfristiger Wandel, der Unternehmen und Marken vor neue Herausforderungen stellt. Stephan Feige fasste den Abend prägnant zusammen, indem er die Kernfrage in den Mittelpunkt stellte: Wie kann eine Marke glaubwürdig bleiben und gleichzeitig auf die wachsenden Anforderungen eines nachhaltigen Marktes reagieren?

Eines ist sicher: Die inspirierende Diskussion rund um die nachhaltige Zukunft der Markenführung wird weitergeführt. 

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