Aktuell | 11. Juli 2025
In unsicheren Zeiten gewinnt psychologische Sicherheit in Teams an Bedeutung. Prof. Sybille Sachs und Matthias Mölleney erklären, wie ihr aktualisiertes Praxishandbuch «Beyond Leadership» moderne Führung neu denkt – und konkret anwendbar macht.
Führen bedeutet heute mehr denn je: Orientierung geben, Beziehungen stärken und Vertrauen schaffen. Prof. Sybille Sachs, Leiterin des Institute for Strategic Management: Stakeholder View, und Matthias Mölleney, Leiter Center for Human Resources Management & Leadership, legen die zweite Auflage ihres Praxishandbuchs «Beyond Leadership» vor – mit neuen Impulsen für wirksame Führung.
Matthias, warum war jetzt der richtige Zeitpunkt für eine zweite Auflage von «Beyond Leadership»?
Seit der Erstveröffentlichung vor fünf Jahren haben wir mehrere hundert Seminare und Workshops mit unserem Ansatz durchgeführt und dabei auch selbst viel gelernt. Dieses erworbene Wissen möchten wir teilen. Das Konzept ist immer noch das gleiche, aber in der Anwendung haben wir ein paar Details weiterentwickelt.
Was hat sich seit der Erstveröffentlichung 2019 im Thema Leadership grundlegend verändert?
Sybille: Unternehmen sehen sich konstant mit grossen Herausforderungen wie Klimawandel, geopolitischen Instabilitäten, demografischen Veränderungen oder Krisen konfrontiert. Dadurch wird Unsicherheit zur neuen Normalität. Diese Entwicklung fordert Vertrauen und psychologische Sicherheit für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.
Matthias: Trendthemen wie Agilität und New Work verblassen bereits wieder und werden von anderem abgelöst, aber das darunterliegende Thema bleibt bestehen: Wie kann Führung einen wirksamen, zukunftsgerichteten Beitrag zum Unternehmenserfolg in sehr unsicheren Zeiten leisten?
Was sind die wichtigsten Neuerungen oder Ergänzungen in der zweiten Auflage Sybille?
Wir haben die neuesten Erkenntnisse aus der Leadership-Forschung zum Thema Vertrauen und psychologische Sicherheit vertieft. Zudem haben wir die zahlreichen Erfahrungen, die wir in der Anwendung gewonnen haben, für die Leser:innen zugänglich gemacht. Damit kann der Beyond-Leadership-Ansatz nun noch effektiver angewendet werden.
Matthias, was hat euch dazu bewogen, ein eigenes Kapitel zur Anwendung in Videokonferenzen aufzunehmen?
Während der Pandemie waren Videokonferenzen ziemlich das einzige betriebliche Kommunikationsmittel für Teams. Seitdem hat sich Remote Work zu einem Standard entwickelt. Derzeit gibt es einige Initiativen in verschiedenen Unternehmen, die alle Mitarbeitenden wieder zurück ins Büro holen wollen, aber die neue Arbeitsform des Remote Working wird sich nicht wieder abschaffen lassen.
Ihr habt die Methode in mehreren hundert Workshops eingesetzt – welche Erfahrungen oder Muster sind dabei besonders hervorzuheben?
Das Konzept der psychologischen Sicherheit scheint sich allmählich herumgesprochen zu haben. Das macht den thematischen Einstieg einfacher. Immer mehr Führungskräfte suchen ganz gezielt nach Methoden, um die Zusammenarbeit im Team, aber auch darüber hinaus, zu stärken und die altbekannten Bereichsegoismen abzuschaffen.
Welche Herausforderungen begegnen dir bei der Einführung der Beyond-Leadership-Methode in Organisationen am häufigsten?
Es gibt immer noch einige Führungskräfte, die unseren Ansatz begeistert aufnehmen, dann aber rasch wieder beiseitelegen. Wir müssen eine noch bessere Unterstützung für den langen Atem entwickeln, den es braucht, wenn man mehr als einen lässigen Einmaleffekt erzielen will.
Wie reagieren Führungskräfte auf das Konzept der psychologischen Sicherheit, Sybille?
Führungspersonen haben in den letzten Jahren erlebt, dass eine gute Zusammenarbeit in und zwischen den Teams entscheidend ist, um sich den grossen Herausforderungen erfolgreich zu stellen. Aus diesem Grund sind immer mehr Führungspersonen motiviert, sich mit dem Ansatz der psychologischen Sicherheit auseinanderzusetzen.
Was ist euer persönliches Highlight oder das schönste Feedback, das ihr erhalten habt?
Matthias: Eine Personalentwicklerin hat mir geschrieben: «An der Reaktion der Menschen, die im Circle miteinander sprechen und sich zuhören, zeigt sich, dass Vertrauen auf echter Begegnung basiert und wächst. Beides entsteht hier in einfacher Art und jeder findet seinen Zugang.»
Sybille: Dank der Beyond-Leadership-Methode kann die Zusammenarbeit unter erschwerten Umständen Freude machen. Gerade wenn es schwierig ist, ist der Zusammenhalt im Team am wichtigsten und unterstützt die Mitarbeitenden darin, Sinn zu erleben.
Welche Elemente von «Beyond Leadership» lebst du persönlich im Alltag, Matthias – beruflich oder privat?
Ich bin ein viel besserer Zuhörer geworden, jedenfalls bilde ich mir das ein. 😉 Die Natur hat uns zwei Ohren gegeben, aber nur einen Mund – an das versuche ich mich immer wieder zu erinnern.
Sybille, dein Fazit nach über fünf Jahren intensiver Arbeit mit dem Thema Leadership: Hat sich Führung weiterentwickelt oder kämpfen wir noch mit den gleichen Grundproblemen?
Führung hat sich seit 2019 sehr verändert. Der Trend zu einem kollaborativen Führungsstil mit flexiblen Strukturen und Sinnorientierung hat deutlich zugenommen. Wir sind weiterhin sehr motiviert, diese Entwicklung zu unterstützen – insbesondere, wenn die Herausforderungen so gross sind und wahrscheinlich auch bestehen bleiben.
Matthias, was müsste sich strukturell in Unternehmen verändern, damit Führungskonzepte wie eures langfristig wirken können?
Die Strukturen müssten sich nicht gross verändern, nur offener werden. Wichtiger wäre, dass wir uns, wo immer möglich, von einem Fixed Mindset zu einem Growth Mindset entwickeln.
Was würdet ihr künftigen Führungskräften mit auf den Weg geben – unabhängig von Hierarchie oder Branche?
Matthias: Früher haben wir Führungskräften den Spruch mit auf den Weg gegeben: «Man muss Menschen mögen». Heute wissen wir, dass dieser Anspruch zu hoch gegriffen ist, denn niemand kann alle Menschen mögen. Heute würde ich fordern: «Man muss sich für Menschen interessieren». Dann bewegt man sich fast automatisch in Richtung einer psychologischen Sicherheit.
Sybille: Führung ist Beziehungsarbeit. Damit sind Vertrauen und psychologische Sicherheit unabdingbar in unsicheren Zeiten.
Der Ansatz von Beyond Leadership macht Vertrauen, Respekt und Wertschätzung als zentrale Gestaltungselemente konkret erlebbar. Wie das funktioniert, erklären Sybille Sachs und Matthias Mölleney in ihrem Praxishandbuch.
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