Aktuell | 4. November 2022
Apps sind uns alle ein Begriff. Ohne die vielen kleinen Computerprogramme auf dem Handy können wir unseren Alltag kaum mehr bewerkstelligen. Ohne WhatsApp kaum mehr Kommunikation, ohne SBB-App keine Zugfahrt, ohne Instagram keine Likes und ohne Tinder keine Dates. Doch was ist eine DApp? Rino Borini, Studiengangsleiter CAS Future Banking & Digital Transformation, klärt uns in «Ask the Expert» auf, was die neuen DApps sind, wie sie funktionieren und weshalb es sie überhaupt gibt.
Die HWZ lebt zu einem grossen Teil vom Wissen ihrer Expertinnen und Experten aus der Praxis. In unserer Rubrik «Ask the Expert» stellen wir unseren HWZ-Expertinnen und -Experten Fragen aus Themenbereichen, die an der HWZ im Unterricht behandelt werden. Dabei handelt es sich um Fragen, die immer wieder auftauchen und aktuelle Fachbegriffe, die Erklärungsbedarf haben. In einem ausführlichen Blogbeitrag gehen Studiengangsleitende oder Dozierende den Fragen auf den Grund.
Die Nutzung der unzähligen Apps auf unserem Handy gehört zum Alltag und kaum jemand macht sich Gedanken, was eigentlich im Hintergrund passiert. Meist sind ja unsere Alltagshelfer kostenlos, doch gratis gibt es nichts auf dieser Welt. Statt mit Geld bezahlen wir mit unseren Daten.
Bei der Nutzung geben wir – meist stillschweigend – uns damit einverstanden, dass unsere Daten – zumindest Teile davon – vom App-Anbieter genutzt werden können. Entweder, um den Nutzer besser zu verstehen, um ihm dann auch gezielte Informationen zuzuspielen oder aber, um indirekt diese Daten an Werbetreibende zu verkaufen. Und eben, wir sind abhängig von einer zentralen Stelle, die theoretisch alles machen kann. In vielen Fällen steckt einer der Internetgiganten im Hintergrund, die mit Werbung und unseren Daten locker 75 Milliarden pro Quartal erwirtschaften. Wir Nutzer sind das Produkt.
Mit dem Aufkommen des Web3 steht die nächste Evolutionsstufe des Internets vor unserer Haustüre. Web3 wird geprägt durch Blockchain, Kryptowährungen oder NFTs (Non-fungible token) und verfolgt das Ziel, die Macht der Tech-Giganten in Form von Eigentum an die einzelnen Personen zurückzugeben. Und nun kommen die «DApps» ins Spiel.
In dieser aufkommenden dezentralen (Internet)-Welt ist Open-Source-Software der Standard. Das bedeutet, dass der Quellcode frei zugänglich ist. Während herkömmliche Apps wie beispielsweise Instagram zu einem Unternehmen gehören – in diesem Falle zu Meta – existiert bei DApps keine zentrale Instanz. Der Quellcode der dezentralisierten Anwendung kann folglich von jedem geprüft und abgeändert werden, sofern die Mehrheit der Nutzer:innen der Änderung zustimmt.
DApps punkten mit ihrer Unabhängigkeit von einer zentralen Partei. Das «D» steht für dezentral. Und als technologischer Unterbau kommt die Blockchain zum Zuge. Eine Blockchain ist nichts anderes als eine Datenbank, die über eine Vielzahl von Computern verteilt ist. Man kann sich das als digitales Kassenbuch vorstellen, bei dem alle Transaktionen chronologisch festgehalten werden. Dieses Kassenbuch wird bei jedem Mitglied des Netzwerks gespeichert und jeweils aktualisiert. Somit kann es nicht zu Fälschungen und Manipulationen kommen. Denn wenn sich die Datenbank eines Mitglieds in irgendeiner Weise verändert, beispielsweise, um zu betrügen, so wird es von der Mehrheit der Mitglieder im Netzwerk abgelehnt. Der Konsens des gesamten Peer-to-Peer-Netzwerks bestimmt die Speicherung der Daten und macht diese somit für einzelne Parteien unveränderlich. Die Daten werden weder zentralisiert gespeichert, noch von einer einzigen Instanz verwaltet. Es gibt keine Bank, keine Versicherung, kein Tech-Konzern oder Regierung, die Einfluss auf diese Daten hat.
Ein weiterer Vorteil bei DApps ist, dass sie theoretisch nicht ausfallen. Wenn WhatsApp abstürzt, verlieren alle Nutzer den Zugriff auf die App, weil es auf zentralisierten Servern läuft. Es ist hingegen viel unwahrscheinlicher, dass eine DApp ausfällt, da jeder Knoten dazu zeitgleich ausfallen müsste.
Eine zentralisierte App oder Anwendung ist mit Servern verbunden, die von einer einzigen Organisation, der die App gehört, betrieben und verwaltet wird.
Eine dezentralisierte App oder Anwendung läuft über gleichgestellte Nodes in einem Peer-to-Peer-Netzwerk, in dem jede Node von einer anderen Instanz kontrolliert wird.
In der Wirtschaft vertraut man sich nicht. Deswegen gibt es Verträge. Für alles! Wohnungsmiete, Handykauf, Hypothek, Krankenkasse etc. In einer dezentralen Welt braucht es diese Art von Verträgen nicht. Hier kommen nun die Smart-Contracts ins Spiel. Diese Verträge sind an ein Computerprogramm gebunden, das digitale Verträge abbildet mit einer «If-then-Logik». Das heisst, sobald ein Vertragspartner seine Pflichten erfüllt hat, erfolgt beispielsweise eine Auszahlung automatisch. That’s it. Es geht also um die Automatisierung einer Abmachung.
Die Vorteile:
Smart Contracts können nachträglich nicht mehr modifiziert werden.
Der Programmcode ist für alle einsehbar und sorgt damit für Vertrauen und Transparenz, was ein grosser Vorteil gegenüber zentralen Anwendungen darstellt.
Somit können menschliche Fehler rechtlich unanfechtbar.
DApps sind nun – vereinfacht gesagt – Software-Anwendungen, die von so einem verteilten Netzwerk profitieren und die Anwendungsmöglichkeiten der Blockchain erweitern. Nachdem die Transaktion ausgeführt wurde, gelten die Vertragsbedingungen im dezentralisierten Netzwerk automatisch als erfüllt. Der Vorteil der Smart Contracts liegt darin, dass menschliche Fehler verhindert werden. Es gilt: Code is Law!
In der Regeln werden vier Kriterien genannt, die eine DApp erfüllen muss, damit sie ihren Namen verdient:
Eine DApp ist Open Source, der Code ist für alle zugänglich. Änderungen in der Software sind nur möglich, wenn eine Mehrheit der Netzwerk-Teilnehmer, also der DApp-Nutzer, dem zustimmen.
DApps basieren auf einer Blockchain, in der alle Schritte validiert und festgehalten werden.
Zu einer DApp gehört auch eine Kryptowährung, mit der in der Anwendung bezahlt werden kann und mit der die einzelnen Computer im Netzwerk belohnt werden, die Verifizierungsaufgaben übernehmen.
Eine DApp verfügt über Tokens. Sie ermöglichen Zugang und Belohnungen. Die Tokens können dabei entweder vom DApp-Projekt sein oder von einer bestehenden Kryptowährung stammen. Diese werden nach einem kryptographischen Schema generiert.
Am häufigsten kommen DApps auf der Ethereum Blockchain zum Einsatz. Ethereum ist eine der grössten und bekanntesten Blockchains. Ihr Erfolg: Sie hat die erwähnten Smart-Contracts auf ihrer Blockchain integriert. Die Währung von Ethereum ist Ether und ist nach Bitcoin die zweitgrösste Kryptowährung.
Inzwischen gibt es Hunderttausende von DApps. Am bekanntesten sind wohl Krypto-Wallets, und zwar sogenannte Non-Custudial-Wallets. Bei diesen hat der Besitzer die volle Kontrolle über sein Krypto-Vermögen, niemand hat Zugriff. Im Gegenzug gibt es Custodial-Wallets. Diese sind bei einer zentralisierten Instanz, beispielsweise Kryptobörse, deponiert. Mit Krypto-Wallets kann man 24/7 global Geld in Sekundenschnelle herumschicken und Kryptos kaufen und verkaufen.
Im Krypto-Space gibt es viele dezentrale Kryptobörsen. Mit seinem Krypto-Wallet kann man sich an eine solche Börse anschliessen und in sekundenschnelle und günstig Börsengeschäfte tätigen. Aber so ein Wallet kann noch mehr. Man kann damit NFT kaufen und verkaufen, an Lotterien teilnehmen oder sogar sein Krypto-Vermögen in einem Liquiditätspool zur Verfügung stellen oder sogar Kredite vermitteln und erhält dafür einen Zins.
Es gibt auch soziale Medien Plattformen, Online-Casinos und selbstverständlich dezentrales Gaming ist auch schon da. Ein in der Blockchain-Community bekanntes Game Axie Infinity, welches von Pokémon und Tamgotchi inspiriert ist. Dieses blockchain-basierte Game ermöglicht den Spieler:innen alle möglichen Kreaturen – sogenannten Axies – zu erschaffen, zu züchten, zu bekämpfen oder eben auch zu handeln.
Der grosse Unterschied: Die ganze Web3-Welt wächst bedeutend schneller und ist dynamischer. Der grosse Vorteil für alle: Wir werden wieder Eigentümer von unseren Daten und Vermögenswerten und können Mittelsmänner ausschalten. Zudem: Einmal programmiert werden Codebefehle in genau dieser Form ausgeführt. Das ist der grosse Unterschied zu WhatsApp, Instagram oder Youtube: DApps sind nicht der Gefahr ausgesetzt, wegen Stromausfällen, staatlichen Eingriffen oder Zensur offline zu gehen.
Wohin die Reise noch geht, bleibt abzuwarten.
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