Aktuell | 9. Juli 2025

«Wer als Marke Haltung zeigen will, findet im Frauenfussball den richtigen Raum»

Die Heim-EM der Frauen ist mehr als ein Sportevent, sie ist ein Resonanzraum für Marken, die Haltung zeigen wollen. Pam Hügli, Co-Studiengangsleiterin CAS Brand Leadership HWZ erklärt, warum Sponsoring im Frauenfussball nicht bei Logos aufhören darf, wieso Sichtbarkeit mit Verantwortung einhergeht – und weshalb gerade hier Platz für echtes Storytelling, strategische Positionierung und gesellschaftlichen Wandel ist.

Pam Huegli Em 2025

Dieses Interview ist Teil einer Content-Reihe zur UEFA Women’s EURO 2025. Als Hochschule möchten wir Themen wie Chancengleichheit und Sichtbarkeit von Frauen nicht nur in der Bildung, sondern auch darüber hinaus mehr Aufmerksamkeit schenken.

Pam, die Heim-EM ist in vollem Gange. Ein grosses Ereignis für den Schweizer Sport, aber auch für die Markenwelt. Wie persönlich interessiert bist du eigentlich am Frauenfussball und was bedeutet dir diese EM?

Ich hatte früher eine Saisonkarte vom FC Aarau. Fussball hat mich schon als Jugendliche gepackt, damals allerdings die Herren, anderes gab es ja noch nicht grossartig. Ehrlich gesagt: beim Frauen-Fussball musste ich mich selber zuerst etwas «einspielen». Aber jetzt sehe ich das enorme Potenzial, sportlich wie gesellschaftlich. Und die Aufmerksamkeit wächst, nicht zuletzt dank grosser Marken, die nicht nur sponsern, sondern Sichtbarkeit schaffen. Und das ist entscheidend. Denn was sichtbar ist, wird auch ernst genommen. Das freut mich.

Wenn wir auf die Vielzahl von Logos und Sponsoren blicken: Wie bewertest du die aktuelle Entwicklung des Sponsorings im Frauenfussball, gerade bei solchen Grossanlässen?

Endlich bewegen sich die Budgets dorthin, wo die Begeisterung schon lange ist. Und das ist gut so. Aber: Ein Logo auf dem Trikot macht noch keine gute Markenführung. Sponsoring ist kein Ablasshandel, sondern eine strategische Entscheidung. Wer mitmacht, muss sich zeigen, nicht nur zahlen.

Was macht den Frauenfussball für Brands heute so interessant? Gibt es andere Werte oder Emotionen, die hier besonders gut greifen?

Authentizität. Aufbruch. Identifikation. Frauenfussball bringt andere Geschichten auf den Platz: weniger Glamour, mehr Bodenhaftung. Wer eine Marke mit Haltung will, findet hier einen echten Resonanzraum. Es geht nicht um Hochglanz, sondern um Relevanz.
Pam Hügli, Co-Studiengangsleiterin CAS Brand Leadership HWZ

Welche strategischen Überlegungen spielen mit, wenn sich Marken für ein Engagement bei der Frauen-EM entscheiden? Was spricht aus ihrer Sicht für ein Investment?

Ganz einfach: Wer morgen noch im Relevant-Set sein will, muss heute beweisen, wofür er steht. Die Frauen-EM bietet ein Umfeld, das Werte wie Gleichstellung, Vielfalt und Community nicht nur behauptet, sondern lebt. Und genau das wird für Marken zunehmend entscheidend.

Die Frauen-EM steht im Vergleich zur Männer-EM oder Olympia oft im Schatten – bietet aber auch andere Chancen. Welche siehst du hier konkret für Brands?

Die Frauen-EM ist ein gutes Testfeld für Marken, die nicht nur reagieren, sondern antizipieren. Hier können sie nicht auf bestehende Drehbücher zurückgreifen, sondern müssen selber schreiben. Das schafft Raum für echte Innovation: in der Ansprache, im Storytelling, im Format. Und: Die Spielregeln sind offener. Weniger Erwartungen, weniger mediale Überfrachtung und mehr Freiheit, eigene Akzente zu setzen. Wer hier mit klarem Profil auftritt, wird nicht nur gesehen, sondern auch erinnert. Denn im weniger besetzten Raum wird jede Entscheidung sichtbarer.

Mit AXA, Visa, Heineken oder Adidas sind starke Player dabei. Welche Markenstrategien erkennst du hinter solchen Engagements? Und woran erkennt man ein glaubwürdiges Sponsoring?

Diese Marken setzen nicht auf Sichtbarkeit um jeden Preis, sie setzen auf strategische Stimmigkeit. Bei AXA zum Beispiel ist das Engagement im Frauenfussball Teil einer klaren Gleichstellungsagenda. Sie sprechen nicht nur über Female Empowerment, sie investieren systematisch in die Förderung von Frauen, im Sport wie im Berufsleben. Visa positioniert sich als Enabler. Ihre Sponsoringstrategie zieht sich durch vom globalen Payment-Partner der UEFA Women’s Football bis hin zu Programmen, die gezielt Spielerinnen und Unternehmerinnen fördern. Hier wird Sponsoring als Infrastruktur verstanden, nicht als Plakatfläche. Glaubwürdig wird das Ganze, wenn Marken nicht nur mit dem Spot dabei sind, sondern mit einem Purpose. Wenn das Engagement mit den eigenen Werten synchronisiert ist und man merkt: Sie tun das, weil sie etwas bewegen wollen, nicht weil es gerade gut klingt.

stefanundstefan | Der «Match» ist matchentscheidend

AXA Schweiz ist als offizielle Partnerin Teil der UEFA Women's EURO 2025. Doch was bedeutet es, wenn Sponsoring mehr ist als nur Logo-Platzierung? In der aktuellen Podcast-Episode sprechen stefanundstefan® mit Antonia Lepore, Chief Marketing Officer von AXA Schweiz, über die Kraft authentischer Markenwerte, strategischer Partnerschaften – und den Mut, Haltung zu zeigen.

Unterscheidet sich die Tonalität oder Inszenierung dieser Brands bei der Frauen-EM merklich von ihren sonstigen Kampagnen?

Ja, im besten Fall. Weniger Pathos, mehr Nähe. Ich beobachte, dass Marken im Umfeld des Frauenfussballs mutiger, menschlicher, nahbarer kommunizieren. Das tut vielen gut. Und es wirkt, gerade bei den jüngeren Zielgruppen, die kein Interesse mehr an aufgesetztem Heldentum haben.

Gibt es aus deiner Sicht gelungene Beispiele, wo Sponsoring über Logo-Platzierung hinausgeht – wo wirklich Purpose oder Markenhaltung sichtbar wird?

Absolut. Visa etwa hat mit der «Team Visa» Initiative ein langfristiges Förderprogramm geschaffen, das gezielt Spielerinnen unterstützt: finanziell, medial und durch Mentoring. Zur UEFA Women’s Euro 2022 haben sie zusätzlich Preisgelder für den «Player of the Match» gestiftet, ein starkes Zeichen für Wertschätzung und Gleichbehandlung. Das ist kein «Nice to have», sondern eine klare strategische Botschaft. Heineken wiederum hat mit der «Cheers to All Fans» Kampagne gezielt Geschlechterklischees im Fussball adressiert. Sie haben nicht nur Frauen im Stadion gezeigt, sondern auch Männer, die emotional beim Frauenmatch mitfiebern und damit Rollenbilder umgedreht. Das ist mutig, augenzwinkernd und markenkonform zugleich. Wenn Sponsoring zum Content wird (und nicht zur reinen Präsenz), dann entsteht echte Wirkung. Und genau da wird Purpose sichtbar.

Was kann man als Brand Leader ganz konkret vom Engagement im Frauenfussball lernen – auch über das Thema Sponsoring hinaus?

Mut zur Positionierung. Und Konsequenz in der Umsetzung. Wer Frauenfussball unterstützt, zeigt, dass er Wandel nicht nur beklatscht, sondern gestaltet. Das braucht strategisches Denken und ein bisschen Rückgrat. Beides ist in der Markenführung dringend gefragt.

Wenn du einen Brand coachen würdest, der über ein Engagement im Frauenfussball nachdenkt: Was wäre dein wichtigster Rat?

Tu’s. Aber nicht halbherzig. Wer sich engagiert, sollte das mit Überzeugung tun, nicht aus Opportunismus. Das Publikum merkt den Unterschied. Und das gilt nicht nur auf dem Platz, sondern auch im Markt.
Pam Hügli, Co-Studiengangsleiterin CAS Brand Leadership HWZ