Forschung | 26. November 2025
Wie gelingt die Transformation hin zu einer zirkulären Wirtschaft? Neue Zwischenergebnisse der von Sybille Sachs und Tiziana Gaito geleiteten SNF-Studie zeigen: Der Weg dorthin unterscheidet sich je nach Branche deutlich. Während im Detailhandel Kund:innen den Wandel mittragen müssen, sind in Produktionsunternehmen Kooperationen entlang der Lieferkette entscheidend.

Die nachhaltige Transformation von Unternehmen erfordert nicht nur technische Innovationen, sondern auch ein neues Verständnis von Stakeholder-Beziehungen – zu Kund:innen, Lieferant:innen und Regulatoren. Das zeigt die laufende Studie des HWZ Instituts für Strategisches Management: Stakeholder View in Zusammenarbeit mit dem Institut für Wirtschaft und Ökologie (IWÖ-HSG) und dem Zurich Center for Sustainability Leadership (ZHAW).
Die Forschenden untersuchen, wie transformative Führung dazu beitragen kann, externe und interne Stakeholder für die Kreislaufwirtschaft zu gewinnen. Die aktuellen Ergebnisse verdeutlichen, wie unterschiedlich die Herausforderungen und Chancen in Detailhandel und Produktionsunternehmen ausfallen.
Im Detailhandel steht und fällt die Transformation mit der Haltung der Kund:innen. Unternehmen können nachhaltige Produktlinien oder Reparaturservices nur dann erfolgreich umsetzen, wenn die Kundschaft bereit ist, längere Lebenszyklen von Produkten mitzutragen – auch dann, wenn sie mit höheren Preisen oder Wartezeiten verbunden sind. Ein entscheidender Erfolgsfaktor liegt daher in der Bewusstseinsbildung und Motivation der Konsument:innen. Mitarbeitende im Verkauf spielen dabei eine zentrale Rolle: Sie müssen die Unterschiede zwischen herkömmlichen und nachhaltigen Produkten überzeugend erklären können und so Verständnis für deren Mehrwert schaffen.
Zudem zeigt sich, dass Kund:innen nicht nur Empfänger:innen von Innovationen sind, sondern selbst wichtige Ideen- und Impulsgeber:innen darstellen. Ihre Rückmeldungen im Alltag, beispielsweise zu Langlebigkeit oder Reparaturmöglichkeiten, helfen Unternehmen, die Wirksamkeit ihrer Nachhaltigkeitsstrategien zu überprüfen und gezielt anzupassen. Besonders wertvoll sind kreative Vorschläge aus der Kundschaft. Etwa die Idee, sichtbare Flicken auf Kleidung als modisches Statement zu nutzen.
Damit solche Impulse wirksam werden, braucht es innerhalb der Unternehmen offene Kommunikationskanäle und Strukturen, um Kundenfeedback systematisch zu erfassen, weiterzuverfolgen und in Produktentwicklungen zu integrieren. Nachhaltige Transformation im Detailhandel bedeutet somit, Kund:innen als aktive Mitgestalter:innen einzubeziehen und Vertrauen in einen gemeinsamen Lernprozess aufzubauen.
In Produktionsunternehmen entscheidet die Qualität und Stabilität der Lieferantenbeziehungen über das Tempo der Transformation. Zirkularität verlangt, dass Lieferant:innen zunehmend Komponenten liefern, die reparaturfähig und wiederverwendbar sind. Ein Anspruch, der häufig tief in bestehende Produktionsketten eingreift. Nur durch enge Kooperationen entlang der Wertschöpfungskette können Standards entwickelt werden, die Langlebigkeit und Qualität zugleich gewährleisten.
Ein zweiter zentraler Punkt betrifft die Ressourcennutzung und Wiederverwertung, insbesondere im Umgang mit Wasser oder Rohstoffen. Damit solche Verfahren wirtschaftlich tragfähig werden, braucht es branchenweite Kooperationen zwischen Unternehmen, die auf ähnliche Materialien oder Prozesse angewiesen sind. So entstehen Synergien, die den Wandel in Richtung Kreislaufwirtschaft beschleunigen.
Schließlich spielt auch der Regulator eine entscheidende Rolle. Besonders in stark regulierten Bereichen – etwa bei der Wiederverwendung von Wasser – stehen Unternehmen vor Zielkonflikten zwischen Hygienevorschriften und Nachhaltigkeitszielen. Hier sind Dialog und Abstimmung mit Behörden unerlässlich, um praktikable Lösungen zu entwickeln, die ökologisch wie ökonomisch tragfähig sind. Nachhaltige Transformation in der Produktion gelingt also dann, wenn Unternehmen bereit sind, ihre Liefer- und Regelbeziehungen als Gestaltungsräume für Innovation zu begreifen.
Die Zwischenergebnisse zeigen, dass es keine einheitliche Lösung für nachhaltige Transformation gibt – wohl aber gemeinsame Prinzipien, die in beiden Branchen entscheidend sind. Unternehmen sollten sich fragen, welche Voraussetzungen sie schaffen müssen, um diese Prinzipien im Alltag zu leben:
Upskilling von Mitarbeitenden: Nachhaltige Transformation erfordert Kompetenzen, um Ideen und Bedürfnisse von Kund:innen und Lieferant:innen aufzunehmen und intern zu verankern.
Kooperation stärken: Der Austausch mit Branchenverbänden, Partnerunternehmen und Regulatoren ist zentral, um Rahmenbedingungen für zirkuläre Geschäftsmodelle zu schaffen.
Produktionsprozesse überdenken: Reparaturfähigkeit, Wiederverwendbarkeit und Ressourceneffizienz müssen kontinuierlich überprüft und weiterentwickelt werden.
Die bisherigen Ergebnisse machen deutlich: Nachhaltige Transformation ist ein Beziehungsprozess – zwischen Unternehmen, ihren Mitarbeitenden und externen Anspruchsgruppen. Sie gelingt dann, wenn Vertrauen, Offenheit und gemeinsame Verantwortung wachsen.
In der nächsten Phase der Studie wird das Forschungsteam untersuchen, wie und mit welchen Auswirkungen verschiedene Führungstypen Stakeholder erfolgreich in eine Kreislaufwirtschaft einbeziehen.
HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich Lagerstrasse 5, Postfach, 8021 Zürich +41 43 322 26 00
ImpressumDatenschutzRechtliches