Event | 6. Oktober 2023
An der Veranstaltung «Nachhaltigkeit.Konkret» vom 4. Oktober 2023 stand der nachhaltige Konsum und somit das SDG (Sustainable Development Goal) Nr. 12 im Mittelpunkt. Drei Speaker:innen aus den Bereichen Start-up, etablierter Handel und Beratungsunternehmen beleuchteten aus ihren jeweiligen Perspektiven, was sie für unerlässlich halten, um nachhaltigen Konsum und somit auch die Klimaziele zu erreichen.
Am ersten öffentlichen Anlass von «Nachhaltigkeit.Konkret» fanden sich 40 Personen ein. Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt auch an der HWZ immer mehr an Bedeutung, sodass auch ein internes Gremium gegründet wurde, welches sich diesem Thema widmet.
Sybille Sachs, Leiterin des Instituts für Strategisches Management: Stakeholder View an der HWZ, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema auf allen Ebenen und ist überzeugt, dass wir als Fachhochschule unseren Beitrag leisten müssen. Die Einzelgespräche mit den Speaker:innen wurden von Ramona Demasi, Tiziana Gaito und Silvan Oberholzer geführt.
Mark Zahran, Co-CEO und Mitgründer von Yasai, einem Start-up für Vertical Farming und Spin-off der ETH, schätzt die japanische Esskultur. Übrigens stammt auch der Firmenname «Yasai» aus dem Japanischen und bedeutet Gemüse. In Japan ist vertikale Landwirtschaft seit Jahrzehnten fest etabliert. Auch die Esskultur unterscheide sich stark zu jener, die wir in Europa kennen. Mark erklärte, dass die japanische Kultur eine ganz andere Beziehung zum Essen pflegt als unsere westliche Kultur. Japaner:innen essen nicht im Übermass, sondern nach dem «Ikigai» Prinzip, welches besagt, dass ein Sättigungsgefühl von 80% ausreicht. Zudem nehmen sie kleinere Portionen zu sich, was dazu führt, dass sie ihr Essen mehr schätzen.
Mark stellt fest, dass derzeit ein Lebensmittelsystem subventioniert wird, das weder ökologisch noch ökonomisch nachhaltig ist. Mit Yasai zeigt er auf, wie ein nachhaltigeres Lebensmittelsystem aussehen kann, denn kreislauffähiges Vertical Farming erlaubt es mit weniger natürlicher Ressourcen und auf kleinerem Raum mehr zu produzieren. Das Credo von Yasai lautet dementsprechend: «Grow more with less». Er sieht grosses Potenzial, die Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten und bessere Bedingungen für «wirklich» nachhaltige Start-ups zu schaffen. Zum Beispiel ist Yasai ein Landwirtschaftsunternehmen und verfügt über eine sogenannte Betriebsnummer, muss jedoch Industriemiete zahlen und erhält dadurch keine Landwirtschaftssubventionen. Auch Pascal Lüthi, Partner bei BHP Brugger und Partner, einem Beratungsunternehmen im Nachhaltigkeitsbereich, ist überzeugt davon, dass es soziale Absicherungen und Anreize geben muss, um nachhaltigen Konsum zu fördern.
Julia Baumann, Head of Sustainability bei Lidl Schweiz, zeigte eindrücklich auf, wie das Thema «Nachhaltigkeit» in den letzten Jahren bei Lidl an Bedeutung gewonnen hat – national sowie auch auf Gruppenebene. Für Julia ist klar, dass das Thema Nachhaltigkeit auch strategisch verankert sein sollte. Hier kann Lidl Schweiz auf die Nachhaltigkeitsstrategie der Gruppe zurückgreifen und meint, dass auf dem Gebiet in den letzten Jahren sehr grosse Fortschritte erzielt wurden. Heute werden Framework, sowie ausgewählte strategische Ziele von der Gruppe vorgegeben. Die einzelnen Länder stellen sicher, dass sie diese Zielsetzungen in nationale Aktionspläne übersetzen und sie dürfen immer auch ambitioniertere Ziele verfolgen.
Die Sensibilisierung von Kund:innen für nachhaltigen Konsum, insbesondere im Kontext von veganen Produkten, erfordert eine gezielte und einfallsreiche Kommunikationsstrategie. Soziale Medien spielen dabei eine relevante Rolle. Ziel sei es den Kund:innen bewusste Ernährung und der Griff zu nachhaltigeren Produkten im wortwörtlichen Sinne «schmackhaft» zu machen. Auch Transparenz werde bei Lidl Schweiz grossgeschrieben. Zum Beispiel hat das Unternehmen auf tierischen Produkten ein «Tierwohlrating» angebracht. Dieses Rating wird nicht nur in der Kundenkommunikation verwendet, sondern hat es dem Unternehmen auch ermöglicht griffige interne Ziele auf dem Gebiet zu setzten. Auf die Frage, wie es bei den Sortimentsanpassungen aussieht, meinte Julia, dass dies ein langer Prozess ist, der aber intensiv diskutiert werde.
Julia unterstreicht die Bedeutung bereits bestehender Standards und Frameworks im Kontext nachhaltiger Praktiken. Sie wies darauf hin, dass es mittlerweile eine Vielzahl etablierter Normen und Leitlinien gibt, die von Unternehmen übernommen werden können. So zum Beispiel die Science Based Targets Initiative oder das Konzept der Planetary Health Diet. Diese vorhandenen Standards bieten eine wertvolle Grundlage und machen es Unternehmen einfacher, nachhaltige Praktiken in ihre Geschäftsmodelle zu integrieren.
Pascal Lüthi ist überzeugt, dass der Mensch nur sich selbst verändern kann. Natürlich kann Druck von aussen helfen, Veränderungen zu beschleunigen. Pascal ist der festen Überzeugung, dass die Klimakrise nicht ausschliesslich durch Innovation, sondern durch deutliche Verhaltensänderungen von uns allen gelöst werden muss. Die Frage «Wie viel ist genug?» beschäftigt ihn sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext. Gleichzeitig betonte aber Mark, wie wichtig es ist, gewisse Risiken in Kauf zu nehmen, in seinem Fall mit der Gründung seines Start-ups, um einen möglichst grossen Impact zu erzielen.
Als Schlusswort betonte Pascal, dass auch kleine Schritte zum Ziel führen. Jede Person kann eine Wirkung erzielen, sei es im privaten oder geschäftlichen Kontext. Manchmal braucht es jedoch viel Durchhaltewillen. Gerade wenn sich viele Stakeholder im Dialog austauschen, ist es besonders wichtig, dran zu bleiben. Dran bleiben bedeutet, sich Zeit zu nehmen, die Perspektive anderer Stakeholder zu verstehen und optimistisch zu bleiben, dass Veränderungen möglich sind.
In diesem Zusammenhang stimmte Julia Baumann zu und hob hervor, dass sie es sehr schätzt, wie mittlerweile alle internen Stakeholder bei Lidl Schweiz für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisiert sind und sie sich Überzeugungsarbeit bei der Geschäftsleitung sparen kann. Alle stehen vor denselben Herausforderungen, aber manchmal zögert man, das Problem gemeinsam anzugehen.
Hier würde sie sich mehr Kooperation wünschen. Mark Zahran zeigte diesbezüglich die Wichtigkeit von Durchhaltewillen auf Durststrecken auf. Als Start-up Mitgründer benötigt er dies insbesondere auch in der aktuellen Wachstumsphase. Seine Ambitionen für eine nachhaltigere Lebensmittelkette sind vielversprechend.
Nach den Einzelgesprächen wurde am Apéro, welcher vom nachhaltigen Catering Anbieter «Zum Guten Heinrich» durchgeführt wurde, rege weiter diskutiert. Wir freuen uns auf weitere spannende «Nachhaltigkeit.Konkret» Veranstaltungen.
Mit unserer Event-Reihe «Nachhaltigkeit.Konkret» möchten wir informieren und aufklären, inspirieren, vernetzen und bewegen. Thematisch beschäftigen wir uns mit ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit im Unternehmenskontext. Dabei orientieren wir uns an einem integrierten Nachhaltigkeitsverständnis, das davon ausgeht, dass gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung nur dann langfristig zum Wohlbefinden von Mensch und Natur beitragen, wenn sie im Einklang mit den planetaren Grenzen steht. Weitere Informationen gibt es direkt auf unserer Eventseite Nachhaltigkeit.Konkret.
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