Event | 5. Dezember 2022
Neue Zahlungsmittel, digitale Währungen, DLT-Technologie, Blockchain, Geldwäsche durch Kryptowährungen – alles Themen, die am Event «Schöne, bunte Kryptowelt?» rege diskutiert wurden. Krypto-Interessierte erhielten von Pascal Hügli, Autor des Buches «Bitcoin verständlich erklärt», Costantino Lanni, Leiter Center for Financial Studies HWZ und Mitautor des Buches, sowie Marianne Wildi, CEO Hypothekarbank Lenzburg, und Thomas Moser, Stellvertretendes Mitglied des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank, interessante Inputs zu den aktuellen Entwicklungen.
Über 80 Personen nahmen am Mittwoch, 30. November 2022, an der Buchvernissage des E-Books «Bitcoin verständlich erklärt» von den Autoren Pascal Hügli und Costantino Lanni, herausgegeben vom Verlag SKV, teil.
Im ersten Teil der Veranstaltung sprach Christian Kolbe, Wirtschaftsredaktor Blick mit dem Autor Pascal Hügli über das neu veröffentlichte E-Book. Weshalb braucht es ein weiteres Bitcoin-Buch, wenn es auf Amazon bereits über 30'000 Bücher dazu gibt? Pascal Hügli begründet es damit, dass es seines Erachtens im deutschsprachigen Raum zu wenig Bücher gibt, die sich holistisch mit dem Thema beschäftigen. In seinem Buch gehe es vor allem darum, aus einer Vogelperspektive einen generellen Überblick zum Thema Bitcoin zu geben.
Nebst dem Einstieg in die Welt von Bitcoin greift das Buch auch gesellschaftliche Aspekte auf. Das E-Book wird an der HWZ in der Lehre eingesetzt, kommt aber nicht als klassisches Lehrbuch daher, sondern überzeugt durch auflockernde Elemente.
Pascal Hügli veröffentlichte sein erstes Bitcoin-Buch 2019. Seither habe sich die Kryptolandschaft professionalisiert und die Technologie weiterentwickelt. Auf die Frage, wie lange es noch dauere, bis sich Bitcoin als Zahlungsmittel etabliere, antwortet der Autor, dass es relativ naiv sei, zu denken, dass in absehbarer Zukunft alle mit Bitcoin zahlen. So scheint sich herauszukristallisieren, dass die Geldfähigkeit von Bitcoin als Zahlungsmittel aufgrund seiner noch immer hohen Volatilität nach wie vor eingeschränkt ist.
Costantino Lanni, Mitautor des E-Books und Leiter Center for Financial Studies HWZ, erklärte in seinem Teil mehr über die formativen Lernkontrollen, die die Lektüre beinhaltet. Das E-Book «Bitcoin verständlich erklärt» wird im Unterricht an der HWZ als Lehrmittel verwendet. Studierende setzen sich selbstständig vertieft mit dem Thema auseinander und bereiten sich so auf den Unterricht vor. Am Ende jedes Kapitels kann das Wissen anhand der Lernkontrollen geprüft werden. Die HWZ stellt den Studierenden diese formativen Lernkontrollen auf der internen Lernplattform zur Verfügung. Interessierte, die sich das E-Book kaufen, haben selbstverständlich ebenfalls Zugriff auf diese Fragen.
Im zweiten Teil der Veranstaltung diskutierten Hügli, Wildi und Moser mit dem Moderator Kolbe intensiv über die Zukunft von Bitcoin, digitale Währungen und neue Technologien. Marianne Wildi, die mit der Hypothekarbank Lenzburg technologische Innovationen offen und proaktiv vorantreibt und auch an wichtigen Projekten der SNB beteiligt ist, setzt auf technologische Möglichkeiten wie Instant Payment. Sie sieht, dass sich die Bedürfnisse der Kund:innen in den letzten Jahren durch Mobile Payment und Online-Banking stark verändert haben und dass die «24x7»-Zahlungsmöglichkeiten eine der grossen Herausforderungen sind. Insbesondere im Bereich der Echtzeit-Überweisungen ins Ausland. Thomas Moser von der SNB konzentriert sich vor allem auf das Beobachten und Verstehen der neuen Entwicklungen. Eines der aktuellen Projekte ist die Abwicklung von grenzüberschreitenden Transaktionen mit Protokollen aus dem dezentralisierten Finanzwesen (DeFi). Damit soll in Zukunft die Grundlage für eine neue Generation von Finanzmarktinfrastrukturen geschaffen werden, die diese Transaktionen vereinfachen. Ist die Zeit gekommen, möchte die SNB bereit sein auf der Distributed Ledger Technologie (DLT) Nationalbankgeld auszugeben. Derzeit ist es nicht notwendig, einen Digitalen Schweizer Franken herauszugeben – wer weiss, was die Zukunft bringen wird. Mehr dazu im Projekt Helvetia (s. Report).
Die «Hypi» Lenzburg befindet sich in der Endphase des FINMA-Bewilligungsverfahrens, um Bitcoin auf Konti zu halten. Erfreulicherweise hat die Schweiz moderate gesetzliche Bestimmungen, die das ermöglichen. Trotzdem ist es gemäss Wildi sehr wichtig, dass Transaktionen von «Sender» zu «Empfänger» auch auf der Blockchain nachvollziehbar sind. Die Banken haben einen Anlegerschutz und sind in der Pflicht, den Nachweis zu erbringen. Es ist wichtig, das Vertrauen in die Banken als Intermediäre zu erhalten. Hügli bringt ein, dass der Grundgedanke von Bitcoin die Dezentralität ist und daher die Bank als intermediär ausgeschaltet wird. Jede Person, die Bitcoin kauft, hält und speichert sie selbst. Das bringt zwar ein gewisses Risiko mit sich, was auch Geschichten in den Medien über verlorene Passwörter etc. immer wieder zeigen. Trotzdem zieht es Hügli vor, seine Bitcoins selbst zu sichern, hat aber Verständnis dafür, wenn Kund:innen dieses Risiko nicht selbst tragen wollen. Marianne Wildi fügt hinzu, dass Banken nicht nur Geld aufbewahren, sondern auch eine Vielzahl anderer Dienstleistungen anbieten, die für Kund:innen Mehrwert hilfreich sind.
Thomas Moser weist darauf hin, dass nicht Bitcoin oder Blockchain die Ursache für die Probleme waren, sondern fragwürdiges Management im Allgemeinen. Grundlegende Prinzipien der Unternehmensführung wurden missachtet, was zum Niedergang von FTX führte. Die Tatsache, dass es sich um eine Kryptobörse handelt, sei zweitrangig. Er ist überrascht, dass viele Smart Investors und andere Grossinvestoren Geld in die Plattform investierten und fragt sich, welche Sorgfaltsprüfung durchgeführt wurde. Die Tatsache, dass Bitcoin nach dem Zusammenbruch von FTX an Wert verloren hat, zeigt, dass das Wissen über Bitcoin bei den Anleger:innen noch sehr gering ist. Viele kauften Bitcoins über Börsen, ohne zu verstehen, wie die Technologie funktioniert. Gerade deshalb sind Bildung und Know-how ein wichtiges Gut. Auch im traditionellen Bankgeschäft tun Wildi und Moser viel dafür, dass die Mitarbeitenden verstehen, wie die Technologien funktionieren, um die Kund:innen auf hohem Niveau zu beraten.
Christian Kolbe möchte wissen, was die Runde von den derzeit aufkommenden Influencern im Finanzbereich hält. Oft bieten sie wenig Aufklärung und mehr vollmundige Versprechen auf hohe Gewinne. Für Marianne Wildi ist klar, dass die Aufklärung, Beratung und seriöse Information der Kunden Sache der Banken ist. Thomas Moser unterstreicht die Bedeutung von Ausbildung und Wissensvermittlung. Bei Influencern ist nie genau klar, welche Motivation hinter einem Beitrag steht und ob die vermittelten Informationen wirklich stimmen. Er nennt zwei Regeln: Hoher Gewinn kommt mit hohem Risiko. Wenn etwas zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es nicht wahr.
Dass Mining viel Energie kostet, ist unbestritten. Thomas Moser erstaunte, dass die Umstellung auf das neue Ethereum-Protokoll gut funktioniert hat. Der Energieverbrauch soll dadurch um 99.95 % gesenkt werden und trotzdem sicher bleiben. Für Pascal Hügli steht der Beweis der Sicherheit noch aus.
Für Marianne Wildi ist klar, dass «Know Your Customer» nach wie vor im Mittelpunkt steht. Wenn eine Privatkundenbank eine CBDC (Central Bank Digital Currency) ausgibt, wird sichergestellt, dass genügend Informationen vorhanden sind, um die Zahlungen zuordnen zu können. Laut Thomas Moser prüft die EZB die Einrichtung einer Wallet, die Zahlungen mit Kryptowährungen bis zu einem bestimmten Betrag ohne Verifizierung ermöglicht. Allerdings ist der Aufbau einer Datenschutzlösung auf der Blockchain sehr kompliziert, da die Blockchain von Haus aus offen ist und alle Transaktionen sichtbar sind. Pascal Hügli weist auch darauf hin, dass in der jüngsten Vergangenheit kriminelle Aktivitäten und Zahlungsströme auf der Blockchain aufgedeckt wurden. Für Hügli ist klar, dass Bitcoin noch nicht als Zahlungsmittel taugt. Aufgrund seiner hohen Volatilität ist Bitcoin nicht für den universellen Einsatz geeignet. Ein Stable Coin, der zum Beispiel an den CHF gebunden ist, könnte die Lücke als dezentrale Alternative füllen. Aber auch hier ist der Beweis noch ausstehend. Eine eigene Währung (einen sogenannten Social Money Token) hat Pascal Hügli schon vor längerer Zeit herausgegeben. Das war aber mehr ein Experiment. Er findet Bitcoin spannend, da es dezentral funktioniert und der/die Macher:innen dahinter unbekannt sind und scheinbar keine Eigeninteressen verfolgen.
Wir bedanken uns bei unseren Referent:innen und dem Moderator, die ihr Wissen auf transparente und spannende Weise mit dem Publikum geteilt haben. Beim anschliessenden Apéro, der von der Brauerei Locher gesponsert war, wurde rege weiterdiskutiert.
Projekt Helvetia Abwicklung von tokenisierten Vermögenswerten in Zentralbankgeld - Report der Schweizerischen Nationalbank
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