Aktuell | 20. April 2021
Kryptowährungen wie Bitcoin sind nach wie vor in aller Munde. Eine neue Vermögensklasse wächst heran. Viele Privatanlegerinnen und -anleger wollen von diesen – noch jungen – Kryptowährungen profitieren. Sacha Müller, Absolvent MAS Banking und Finance, hat mit seiner Master Thesis den Nerv der Zeit getroffen. Er untersucht den Einsatz von Kryptowährungen in der 3. Säule. Wir haben die wichtigsten Facts zusammengefasst und bei Sacha wie auch seinem Betreuer Rino Borini nachgefragt.
Der Fokus von Sacha Müllers Arbeit liegt auf der anlagetechnischen Analyse von Kryptowährungen als zusätzliche Anlageklasse in Säule 3a Portfolios. Ausserdem hat er das Investitionsbedürfnis aus der Perspektive von Anlegerinnen und Anlegern geprüft. Seine Forschungsfrage lautet: Sollen Kryptowährungen zukünftig in der Säule 3a eingesetzt werden?
Zuerst hat der Absolvent die Rendite, Volatilität und Korrelation von Kryptowährungen zu herkömmlichen Anlageklassen wie Aktien, Obligationen, Immobilien etc., verglichen. Es hat sich gezeigt, dass im untersuchten Zeitraum die Kryptowährungen die höchste Rendite gleichzeitig aber auch die höchsten Preisschwankungen (Volatilität) aufweisen. Seine Untersuchungen zeigten, dass eine Beimischung von Kryptowährungen das Rendite-/Risikoprofil eines Wertpapierportfolios steigert wie auch die Möglichkeit, bei Bedarf mehr Risiken einzugehen und so eine höhere Rendite zu erzielen. Somit könnten Portfolios von eher risikofreudigeren Anleger*innen mehr Kryptowährungen beigemischt werden und bei risikoscheuen Anleger*innen keine oder eine tiefere Gewichtung.
Anhand einer Umfrage hat Sacha Müller herausgefunden, dass 30% der Befragten zukünftig im Rahmen der Säule 3a in Kryptowährungen investieren möchten. Sie erhoffen sich dadurch höhere Renditen sowie eine grössere Diversifikation, also Verteilung der Risiken, des Portfolios. Die Befragten, welche Kryptowährungen ablehnen, tun dies aus fehlendem Vertrauen, Instabilität und Unwissen.
Gemäss den Untersuchungen von Sacha Müller und den Bedürfnissen seitens Kundinnen und Kunden müsste zumindest regulatorisch die Aufnahme der Anlageklasse «Kryptowährungen» in die private Vorsorge geprüft werden.
Sacha, ein sehr aktuelles Thema, welches du dir ausgesucht hast. Was hat dich zu dieser Themenwahl bewogen?
Die Renditen von Kryptowährungen in der nahen Vergangenheit haben mich erstaunt und gleichzeitig neugierig gemacht. Zudem lag es mir am Herzen, dass ich ein brandaktuelles sowie für die Zukunft relevantes Thema untersuche. So habe ich mich dann nach Absprache mit Rino Borini für dieses Thema entschieden.
Du arbeitest als Teamhead/Senior Consultant beim VZ Vermögenszentrum. Häufen sich Kundenanfragen bezüglich Kryptowährungen?
Die Kundenanfragen nehmen zu, aber auf einem sehr tiefen Level. Man merkt, dass die Kunden sich damit auseinandersetzen möchten und daher die Betreuungsperson bei ihrem Finanzinstitut kontaktieren.
Was waren die grössten Herausforderungen beim Schreiben deiner Thesis?
Woher hast du dir das nötige Wissen in dieser «jungen» Anlageklasse geholt?Die zu Beginn sicherlich grösste Herausforderung war, dass es bis anhin kaum vergleichbare Arbeiten gibt, welche den Einsatz von Kryptowährungen innerhalb der Vorsorge untersucht haben. Neben den vielen Artikeln und bereits verfassten Arbeiten zum Thema Kryptowährungen im Allgemeinen hat mir der Austausch mit Rino Borini sowie das Experteninterview mit Frau Désirée Velleuer, Geschäftsführerin der Crypto Consulting AG, sehr geholfen, mir das nötige Wissen zu erarbeiten sowie meine Erkenntnisse einzuordnen.
Weisst du, was von regulatorischer Seite her passieren müsste, damit Kryptowährungen als zusätzliche Anlageklasse den 3. Säule Portfolios beigemischt werden könnten?
Grundsätzlich werden Kryptowährungen in den BVV2-Anlagerichtlinien nicht spezifisch erwähnt und sollten daher unter die Anlageklasse «alternative Anlage» fallen. Gewisse Stiftungen investieren sogar bereits einen Teil ihres Vermögens in Kryptowährungen. Damit die Investitionsgrundlage aber für alle Stiftungen klarer ist, sollte der Regulator die Rahmenbedingungen zu Investitionen in Kryptowährungen innerhalb der Vorsorge setzen.
Du kommst eher aus der «traditionellen» Bankenwelt, würdest du deine 3. Säule in ein Produkt mit Kryptowährungen investieren?
Ich würde auf jeden Fall einen Teil meines Säule-3a-Vermögens in Kryptowährungen investieren. Dies sollte sich langfristig nicht nur positiv auf die Renditeentwicklung auswirken, sondern auch auf die Säule-3a-Portfolio-Diversifikation. Natürlich würde es für mich aber auch eine Rolle spielen, in welche Kryptowährungen investiert wird, da nicht alle digitalen Währungen das gleiche Entwicklungspotenzial besitzen.
Rino, du bist ja nicht nur Studiengangsleiter bei uns an der HWZ, sondern auch Verwaltungsratspräsident bei Descartes Finance, einem unabhängigen digitalen Schweizer Vermögensverwalter. Mit «Descartes Vorsorge» habt ihr eine digitale Säule 3a Lösung entwickelt. Was muss aus deiner Sicht passieren, dass Kryptowährungen als Anlageklasse in ein 3. Säule-Portfolio beigemischt werden können?
Es braucht einen rechtlichen Rahmen, der Investitionen in Kryptowährungen zulässt. Das Gesetz über die berufliche Vorsorge hält für die Säule 3a klare Regeln und Limiten fest, in was und mit welchen Maximalbeträgen investiert werden darf. Meines Erachtens müssten Kryptowährungen in die Kategorie «Alternative Anlagen» aufgeführt werden. Doch dazu braucht es eben einen Entscheid, dass dies zulässig ist. Dann muss auch die Eidgenössische Steuerverwaltung solche Investments absegnen und last but not least muss der Stiftungsrat die Reglemente für solche Investitionen anpassen.
Und ist dies überhaupt erwünscht/sinnvoll?
Es gibt immer wieder Kundinnen und Kunden von Descartes Vorsorge, die danach fragen. Und das nehmen wir ernst. Ich bin schon überzeugt, dass «Digitale Assets» sinnvoll sind. Doch es muss überlegt sein und man sollte jetzt nicht auf «huschhusch» machen, nur weil einige Kryptowährungen auf Höchstniveau notieren, sondern der Prozess, von der Analyse bis zur Umsetzung und Überwachung muss hoch professionell sein.
Gibt es denn bereits Bemühungen in diese Richtung?
Wir schauen uns das Thema sehr genau an. Doch das ist alles andere als trivial. Es gibt viele Fragen zu beantworten und wie eingangs erwähnt: Es braucht klare Richtlinien. Bei Descartes Vorsorge geht es immer um die Langfristigkeit und die Intelligenz. Wir möchten den Kundinnen und Kunden keine Birchermüesli-Portfolios anbieten, sondern gute, überlegte und langfristig stabile Anlagelösungen.
Wann denkst du, wann sind wir soweit, dass wir Kryptowährungen als Anlageklasse wie Gold, Immobilien oder Private Equity akzeptieren?
Eine genaue Schätzung kann ich nicht abgeben. Ich denke, es dauert schon noch eine gewisse Zeit. Doch der Bund hat mit der neuen Distributed-Ledger-Technologie (DLT) Gesetzgebung gezeigt, dass er schnell sein kann. Ich würde ein schnelles Vorgehen begrüssen.
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